Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 45. (1997)
AGSTNER, Rudolf: Von Chandos House zum Belgrave Square. Österreichs Botschaft in London 1815–1997
Von Chandos House zum Beigrave Square. Österreichs Botschaft in London 1815-1997 Bereits am 12. Juli erlegte das Ministerium des Äußern 300 000 fl. bei der „k. k. priv. allgem. Österreichischen Boden-Credit-Anstalt“, verzinsbar 1 % unter dem jeweiligen Wechselzinsfuß der Österreichisch-Ungarischen Bank, und am 13. Juli 1892 wurde Deym mitgeteilt, daß der Inhalt seines Berichtes „hieramts genehmigend zur Kenntnis genommen worden ist und finden das k. u. k. Ministerium des Äußern gegen den Abschluß des Vertrages von seinem Standpunkte nichts einzuwenden ...“ Graf Deym wurde ermächtigt, den Präliminarvertrag abzuschließen, allerdings nicht namens der k. u. k. Regierung, sondern - analog den übrigen Kaufverträgen anläßlich der Akquirierung der Missionsgebäude in Belgrad und Berlin - für Österreich-Ungarn43. Die Finanzierung der 50 000 LSt. oder umgerechnet 600 000 fl. erfolgte dergestalt, „daß aus den Zinseingängen der gemeinsamen Aktiven im Jahre 1892 ein Betrag von 600 000 fl. zur Bestreitung des Kaufpreises ... verwendet werde“, dessen Rückzahlung in jährlichen Raten von 11 000 Gulden zinsfrei zu erfolgen hatte44. Am 17. August meldete Geschäftsträger Graf Wydenbruck45 46, „... daß der Ankauf des Hauses 18, Beigrave Square endlich-nach achttägiger Verzögerung - gestern perfekt geworden ist.“ Da nach englischem Recht die Ausstellung des Vertrages auf „Österreich-Ungarn“ Anstand begegnete und der Anwalt der Botschaft Bedenken hatte, „Österreich-Ungarn“ als juristische Person zu sehen, schien als Käufer der lease Botschafter Graf Deym auf. Der Vertrag wurde schließlich von „Count Francis Deym, ambassador extraordinary and plenipotentiary of His Imperial and Royal Majesty the Emperor of Austria, Apostolic King of Hungary at the Court of St. James, as representative and on behalf of Austria-Hungary“ gefertigt. Erst 35 Jahre später bemerkte die Diplomatie der Republik Österreich im Zuge einer über 10 Jahre dauernden Auseinandersetzung mit Ungarn um die Mietrechte am Londoner Gesandtschaftspalais bzw. der Leistung einer Kompensation für diese, daß die lease auf Graf Deym und nicht auf den Staat Österreich-Ungarn lautete4*. Dies sollte zu hektischen Aktivitäten des Ballhausplatzes führen. Gewissermaßen in letzter Sekunde traten neue Probleme auf. Graf Deym stellte in einem Brief an Sektionschef Freiherrn von Pasetti am 16. November 1892 es der Erwägung anheim, ob es sich nicht doch empfehlen würde, den ganzen Kauf- schilling bald zu erlegen, um in den Besitz der neuen lease gelangen zu können ... Es ist wohl kaum anzunehmen, daß durch diesen Aufschub die Erteilung der lease gefährdet werden könnte, alfein es sind in der letzten Zeit drei Herzoge nacheinander gestorben und ich kann mich deshalb des Gedankens nicht erwehren, daß es doch immerhin möglich wäre, daß der Herzog von Westminster vor dem 1. Jänner stürbe, und für diesen Fall hätten wir keine Sicherheit die lease zu bekommen ... 43 HHStA Wien, AR, Fach 6/25, MdÄ ZI. 27.857/2 vom 13. 7. 1892 (Telegramm N° 43 an Deym). 44 Ebenda, Note k. k. Ministerpräsident ZI. 594/MP vom 28. 6. 1892 und königlich ungarischer Ministerpräsident ZI. 1467/ME vom 7. 7. 1892 an MdÄ. 45 Ebenda, Bericht Nr. LII A-B an MdÄ vom 17. 8. 1892. 46 Archiv der Republik [AdR] Wien, Bundesministerium für Auswärtige Angelegenheiten [BMfAA], Abteilung 14-HP, BKA ZI. 144.897-14 Li/27 vom 28. 9. 1927. 13