Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 45. (1997)

AGSTNER, Rudolf: Von Chandos House zum Belgrave Square. Österreichs Botschaft in London 1815–1997

Rudolf Agstner 1770 vom Architekten Robert Adam3 für den Duke of Buckingham errichtet worden und galt als eines der schönsten Häuser seiner Zeit (... how a noble townhouse should look - Chandos House is a somewhat stern but beautifully proportioned town residence ...). Der Posten in London war damals nicht nur sehr wichtig, sondern durch die hohen Lebenshaltungskosten auch sehr kostspielig. Mit 110 000 Gulden verdiente Fürst Esterházy nach dem Gehaltsschema von 1841 mehr als Staatskanzler Metternich, der nur ein Jahresgehalt von 101 930 fl. bezog4. Das geräumige Haus diente genau 50 Jahre als Sitz der k. k. Botschaft in London. Als der Mietvertrag mit dem Mar­quis Chandos im April 1856 ablief, regte Gesandter Colloredo angesichts seiner bereits verfugten Versetzung eine kurzfristige Verlängerung um 6 Monate an. Nach seinem Eintreffen verlängerte der k. k. Gesandte Graf Rudolf Apponyi den Mietver­trag um die verhältnismäßig sehr geringe Summe jährlicher 800 LSt. um 10 Jahre bis 18. Oktober 1866. Als Wohnungsentschädigung bezog der Londoner Mission­schef 10 000 fl. öW5. II. 1865/66 - Suche nach einem neuen Botschaftspalais Im Februar 1865 machte Apponyi, durch die Standeserhöhung der beiderseitigen Missionen seit 28. November 1860 k. k. Botschafter am königlich großbritannischen Hofe, das Ministerium des Äußern auf das bald bevorstehende Ende des Mietvertrags aufmerksam6: ... der Mietvertrag läuft mit Oktober des künftigen Jahres ab, und kann ... nicht er­neuert werden, weil das Haus alt und baufällig ist, der Grundeigentümer dasselbe dem­nächst niederreißen lassen will und nur auf den Ablauf meiner Miete wartet, um auf dem Terrain des zum Hause gehörigen Gartens ein neues Haus zu bauen. Chandos House, welches vor 50 Jahren in dem elegantesten Stadtteil Londons gelegen war, hat in letzter Zeit, wo die Hauptstadt sich in einer entgegengesetzten Richtung ausgedehnt und na­mentlich die vornehme Welt in anderen Stadtteilen ihre Wohnung aufgeschlagen hat, viel von seinem Wert verloren. Apponyi unterließ nicht den Hinweis, daß ein neues Botschaftsgebäude nicht unter 2 000 LSt. zu erhalten sein wird. Die ... Schwierigkeit, für die Botschaft ein passendes Haus zu annehmbaren Bedin­gungen zu finden ... hat auch die meisten größeren Regierungen bewogen, für ihre Mis­sionen in London Häuser zu kaufen. Namentlich sind die Botschaften Frankreichs, Ruß­3 1728-1792, Hofarchitekt von König Georg III. (1762-1768). 4 Ein Gulden von 1841 entspricht im Januar 1997 der Kaufkraft von 205,86 Schilling (freundliche Mitteilung von H. Woitek (Österreichisches Statistisches Zentralamt [ÖStatZA]); Staatskanzler Metternich bezog demnach ein jährliches Gehalt von umgerechnet 20,983 309 Schilling, Botschafter Fürst Esterházy in London ein Gehalt von 22,644 600 Schilling. 5 Ein Gulden von 1856 entspricht 1997 der Kaufkraft von 139,96 Schilling; ein Gulden von 1866 nur mehr 122,77 Schilling; die jährliche Wohnungsentschädigung belief sich daher auf umgerechnet 1,399 600 Schilling für 1856 und 1,227 700 Schilling für 1866 (ÖStatZA). Die Abkürzung „LSt.“ steht für Pfund Sterling, „ÖW“ für österreichische Währung. Haus-, Hof und Staatsarchiv (HHStA) Wien, Administrative Registratur [AR], Fach 6, Karton 16, Bericht Nr. X-A-C, Apponyi an MdÄ vom 15. 2. 1865. 2

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