Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 45. (1997)

AGSTNER, Rudolf: Von Chandos House zum Belgrave Square. Österreichs Botschaft in London 1815–1997

lands, Preußens und der Türkei im Besitz eigener, von ihren Regierungen angekaufter Häuser ... “ Dem Botschafter „erschien es daher wohl am zweckmäßigsten, wenn auch die kaiserliche Regierung sich entschlösse, diesem Beispiele zu folgen ... Dies war jedoch leichter gesagt als getan. Zunächst wurde das Projekt an den k. k. Finanzminister Ignaz Freiherr von Flener herangetragen und nach dessen grund­sätzlicher Zustimmung Apponyi angewiesen7, „bezüglich der notwendig gewordenen Acquirierung eines neuen Botschaftshotels - sei es durch Ankauf eines schon beste­henden Hauses, sei es durch Führung eines Neubaues - Einleitungen zu treffen re­spective konkrete Projekte in Antrag zu bringen.“ Im Juli 1865 berichtete Apponyi über seine Bemühungen8: Viele wurden angetragen und besichtigt. Die größten waren zu teuer, die billigen zu klein, die wünschenswertesten gar nicht zu verkaufen. Der Wert der Häuser in London hat in den letzten 10 Jahren um 30 % zugenommen, und ein Hotel von den Ausmaßen von Chandos House ist in den neueren Teilen der Hauptstadt gar nicht mehr zu bekom­men ... Lord Westminster (dem bekanntlich der größte Teil des West-End gehört)... bot mir ein ihm gehöriges, freilich zwischen Belgravia und Hyde Park, herrlich gelegenes Grundstück samt anstoßendem kleinen Garten, auf 90 Jahre zu einem Neubau unter fol­genden Bedingungen: ... 400 LSt. jährlich Grundmiete für das Terrain, ungefähr 300 LSt. jährlich für Entrichtung von Steuern und Abgaben an die Regierung und Stadtbehörde, endlich Aufbau des Hauses nach dem Plane des Marquis, aber auf meine Kosten, die sich ... auf nicht weniger als 40 000 LSt. belaufen würden ... Unter der Annahme einer 5%igen Verzinsung errechnete Apponyi jährliche Ge­samtkosten von 2 700 LSt. und lehnte ab. Schließlich wurde ihm das Haus der ver­witweten Herzogin von Norfolk (23, Grosvenor Square) angeboten, das „zwar kein ansehnliches Botschaftshotel, aber ein anständiges Gesandtschaftshaus“ sei. Der Preis des Hauses belief sich auf 26 000 LSt. für 71 Jahre, die Grundsteuer auf 255 LSt. jährlich. Apponyi riet „den Ankauf des ... Hauses für Rechnung der kaiser­lichen Regierung um so dringender an, als andere Kauflustige sich gemeldet ha­ben ... “, und sorgte schon in rechtlicher Hinsicht vor: „... Da nach hiesigen Geset­zen Ausländer nicht auf längere Zeit als auf 21 Jahre Grundstücke acquirieren und besitzen können, so muß der Kaufvertrag auf den Namen eines Engländers lau­ten ... “ Apponyi versicherte sich, daß „der kaiserliche Generalkonsul Sir Anthony Rothschild mit Vergnügen erbötig ist, diesen Scheinkauf für die kaiserliche Regie­rung zu übernehmen ...“ Auch für den Fall, daß die Regierung in Wien keine Mittel hatte, wußte Apponyi Rat, und konnte „die als sehr solid bekannte Lebens- und Feu­er-Versicherungsgesellschaft Alliance - welche die Gebrüder Rothschild unter ihre Direktoren zählt - dazu bewegen, ein Darlehen von 20 000 LSt. zu gewähren .. ,“9 Der k. k. Finanzminister sah in einem Schreiben an den k. k. Minister des Äußern, Graf Mensdorff-Pouilly, das vom Londoner Botschafter angeregte Geschäft „im dermaligen Augenblick und bei der E. E. bekannten Lage der Finanzen ... als min­der opportun an“. Er regte an, Apponyi anzuweisen, „von dem ihm offerierten An­käufe des gedachten Hauses Umgang zu nehmen und anstatt dessen dafür Sorge zu Von Chandos House zum Beigrave Square. Österreichs Botschaft in London 1815-1997 7 HHStA Wien, AR, Fach 6, Karton 16, Erlaß MdÄ an Apponyi, ZI. 3744/K vom 22. 3. 1865. 8 Ebenda, Bericht Nr. XLIII, Apponyi an MdÄ vom 24. 7. 1865. 9 Ebenda. 3

Next

/
Oldalképek
Tartalom