Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 43. (1993) - Festschrift für Rudolf Neck zum 65. Geburtstag
BROUCEK, Peter: Über den Schriftennachlaß des Feldmarschalls Franz Conrad von Hötzendorf im Kriegsarchiv
Peter Broucek Führung. Mit ihm an der Spitze trafen sie militärische Vorsorgen für den Ernstfall. Doch sie warfen bereits im Frieden ihre Stimme und ihren Einfluß in die Waagschale, um militär-strategischen und -politischen Überlegungen in Außen- und Innenpolitik zum politischen Durchbruch zu verhelfen. Das Generalstabskorps rivalisierte lange Zeit mit dem Adjutantenkorps, was Tätigkeit, Bedeutung und Einfluß betraf. In der Monarchie erfolgte die „Systemisierung“ einer damals noch Generalquartiermeisterstabskorps genannten Gruppe an Spezialisten durch die Schöpfung des „Generalsreglements 176910) unter Maria Theresia und ihren Beratern, den Feldmarschällen Daun und Lacy. Als dieses Korps nach der schweren Auseinandersetzung mit Preußen, dem Dritten Schlesischen Krieg, erstmals auch im Frieden aufgestellt blieb, war eine Entwicklung abgeschlossen, die seit dem Dreißigjährigen Krieg ihren Lauf genommen hatte: die Heranziehung eines besonders erfahrenen Funktionärs durch den Kommandanten für die Vorbereitung des Marsches, der Quartiernahme und des Eintritts ins Gefecht. Nunmehr sollten derartige Gehilfen zumindest - und zunächst nur - für militärgeographische Arbeiten in Friedenszeiten herangezogen werden11). Noch in der Ära der Kämpfe gegen die Französische Revolution rivalisierten im Stab Feldmarschall Erzherzog Carls (1796-1809) Vertreter der Staatskanzlei, Adjutanten und Angehörige des Generalquartiermeisterstabes um den Einfluß auf strategische Erkenntnisse und operative Entscheidungen. Erst nach dessen Dienstzeit ergab sich in der Schlußphase der für Österreich so niederlagenreichen napoleonischen Ära das ideale Dioskurenpaar Kommandant: Stabschef mit Schwarzenberg und Radetzky (1809-1815)12). Dann sank der Quartiermeisterstab, geradezu zugedeckt durch jene herausragenden Persönlichkeiten in der Biedermeierzeit und in den Revolutionskriegen, in relative Bedeutungslosigkeit zurück. Ja der Chef des Korps und bedeutende Troupier, Feldzeugmeister Benedek (1860-1864), schätzte als „CheP‘ die Arbeit seines Korps für so wenig bedeutungsvoll ein, daß er 1866 die Welt nicht 10) Kurt Peball, Das Generalsreglement der kaiserlich-königlichen österreichischen Armee vom 1. September 1769 in: Schriften des Heeresgeschichtlichen Museums in Wien 3 (1967) 81-105. 11) Eine Geschichte des k.(u.)k. Generalstabskorps gibt es noch nicht. Einen ersten Überblick für den ganzen Zeitraum im Rahmen einer Heeresgeschichte gewährt: Günther E. Rothenberg The Army of Francis Joseph West Lafayette Indiana 1976. 12) Kurt Peball, Zum Kriegsbild der österreichischen Armee und seiner geschichtlichen Bedeutung in den Kriegen gegen die Französische Revolution und Napoleon I. in den Jahren von 1792 bis 1815, in: Napoleon I. und das Militärwesen seiner Zeit, Freiburg im Breisgau 1968, 129-175. 158