Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 42. (1992)

ERNST, Hildegard: Geheimschriften im diplomatischen Briefwechsel zwischen Wien, Madrid und Brüssel 1635–1642

Geheimschriften im diplomatischen Briefwechsel Vier der rekonstruierten Codes werden hier vorgestellt3), damit die Benutzer der entsprechenden Aktenbestände ebenfalls die Möglich­keit haben, nichtdechiffrierte Texte zu lesen. Außerdem kann die Kenntnis vom Aufbau und von der Anwendung dieser Chiffren viel­leicht bei der Rekonstruktion anderer Schlüssel hilfreich sein. Die vier hier wiedergegebenen Schlüssel wurden in je zwei Listen zu­sammengestellt: Die Dechiffrierliste ist nach den Geheimzeichen geordnet, die Chiffrierliste nach den Buchstaben, Silben oder Wörtern des Klartextes. Code A Ende 1629 hatte Kaiser Ferdinand (I. (1619-1637) seinen Botschafter bei Philipp IV. von Spanien (1621-1665), Franz Christoph Khevenhül- ler, Graf zu Frankenburg, abberufen. Die politischen Beziehungen zwischen den beiden habsburgischen Häusern fanden seitdem ihren Niederschlag vor allem in der Korrespondenz der spanischen Bot­schaft in Wien, die zum größten Teil im Generalarchiv zu Simancas aufbewahrt wird. Im Oktober 1634 traf ein neuer Gesandter des Kai­sers in Madrid ein: Johann Karl Graf von Schönburg. Seine Korre­spondenz mit der Reichskanzlei in Wien befindet sich im Haus-, Hof- und Staatsarchiv4). Seit April 1635 benutzte der Botschafter eine „Zif­fer“ , hier Code A genannt, mit der er einzelne Sätze oder Abschnitte seiner Briefe, manchmal auch den ganzen Brief, verschlüsselte. Er schrieb immer in Deutsch. Der Gesandte benutzte die Chiffre auch, wenn er wichtige Schreiben oder Berichte, die er aus der Kanzlei Phi­lipps IV. erhielt, an den Kaiser weitergab. Diese Texte sind in spani­scher, manchmal in italienischer Sprache verfaßt. Die Reichskanzlei benutzte für ihre Schreiben an Schönburg oder den Katholischen Kö­nig ebenfalls Code A. Sie bediente sich dabei meist des Lateinischen. Der Briefaustausch war recht einseitig. Auf die Fülle der Schreiben, die Schönburg nach Wien schickte, wurde nur selten geantwortet. Die Briefe des Kaisers enthielten vor allem die dringende Bitte um Geld für den von Spanien gewünschten Einsatz kaiserlicher Truppen gegen die „Holländer“ und deren Bündnispartner Frankreich. Dem Botschafter in Madrid wurden aber die Informationen über die Vor­gänge im Reich vorenthalten, die ihn in die Lage versetzt hätten, die kaiserlichen Wünsche beim Katholischen König wirkungsvoll zu ver­3) Weitere Codes werden in einem Folgebeitrag im nächsten Band der MÖStA zum Abdruck kommen. 4) HHStA, Staatenabteilungen, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, Kartons 22- 24, und Kriegsakten, Fasz. 113, 122, 123 und 123. 103

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