Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 42. (1992)

ERNST, Hildegard: Geheimschriften im diplomatischen Briefwechsel zwischen Wien, Madrid und Brüssel 1635–1642

Hildegard Ernst treten. So wurden die Verhandlungen über das von Philipps IV. Er­stem Minister, dem Conde-Duque de Olivares, betriebene förmliche Bündnis zwischen Spanien und dem Kaiser bzw. dem Reich vornehm­lich durch die Botschafter des Katholischen Königs in Wien verhan­delt. Schönburgs Berichte sind trotzdem interessant, weil sie wert­volle Einblicke in die politischen Vorgänge in Madrid und in die wirt­schaftliche Lage des Weltreichs bieten. So macht der Gesandte z. B. Mitteilungen über Olivares’ Bemühungen, Bankkredite zur Finanzie­rung der militärischen Unternehmungen Spaniens im Reich, in den Niederlanden und im Herzogtum Mailand zu beschaffen, und be­schrieb damit die prekäre Finanzlage Philipps IV. Der von Schönburg benutzte Code A ist, wie auch die Chiffren B, C und D, ein einfacher Substitutionsschlüssel, das heißt, zur Decodie­rung eines Schreibens braucht man lediglich die kryptographischen Zeichen durch die im Code vereinbarten Buchstaben oder Wörter zu ersetzen, um den Klartext zu erhalten. Als kryptographische Zeichen verwendet Code A Zahlen, Klein- und Großbuchstaben und Fantasie­zeichen. Für jeden Buchstaben des Klartextalphabets stehen zwei ver­schiedene Geheimelemente zur Verfügung. So kann z. B. a durch 8 oder 22 b durch h oder y c durch 7 oder D dargestellt werden. Ein solcher polyalphabetischer Code verhindert u. a., daß Doppelbuchstaben des Klartextes sofort im Kryptogramm zu erkennen sind. Die Buchstaben „j“ und „v“ werden durch die Ge­heimzeichen für „i“ bzw. „u“ verschlüsselt. Die Zahlen 2 bis 24 die­nen zur „Verzifferung“ von einzelnen Buchstaben oder von Wörtern aus der Gruppe der „dictiones breviores“5 6), hier für die Artikel „der, die, das, dem“ und die Präpositionen „in, zu, aus und von“. Dabei ist dem „Ziffernsekretär“, der den Code erstellt hat, ein Fehler unterlau­fen: Er hat die Zahl 18 sowohl für „i“ als auch für „dem“ vorgesehen. In den Schönburgschen Briefen wurde 18 fast immer für „dem“ ver­wendet. Die Zahlen 25 bis 89 und 100 bis 190 gehören zum sogenannten „No­menklator“8), in dem bestimmte Personen wie „Kaiser Ferdinand“, „Cardinal Richelieu“ oder Begriffe wie „Churfürst“, „GraP‘, „Krieg“, „Frieden“ oder geographische Bezeichnungen aufgelistet sind. Die Zahlen 90 bis 99 sind „Nullás“ oder „Errantes“, die nichts bedeuten und den unbefugten Leser irreführen sollten; sie werden deshalb 5) Vgl. Francesco Tranchedino, Diplomatische Geheimschriften, Reihe Codices Se­lecti, Vol. XXII, Graz 1970, Einführung von Walter Höflechner, 14. 6) Vgl. Tranchedino 14. 104

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