Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 41. (1990)

PERGER, Richard: Der Aufruhr im Stift Klosterneuburg 1513 und seine Folgen

Richard Perger wörtlich machten. Doch hat noch anderes mitgespielt: So ließ es der Propst gegenüber dem Konvent an „Väterlichkeit“ mangeln, auch die Betrauung von Chorherren mit Wirtschaftsämtern, die früher von Laien versehen worden waren, wurde als Belastung empfunden. Erwiesen ist, daß die Chorherren von Bürgern Wiens und Klosterneuburgs aufge­hetzt wurden43), denen es wohl nur darum ging, ein Mitglied des ver­haßten Regiments „abzuschießen“. Beachtung verdient, daß nicht der gesamte Konvent, sondern nur die Mehrheit unter Führung des De­chanten Konrad Steinacher rebellierte44). Zu denen, die dem Propst treu blieben, gehörte Christoph Lamprechtshauser, der sein Amt als Commissarius bis zum Ausbruch des Konflikts versah und nach Rehabi­litierung Hausmannstetters wieder übertragen erhielt45). Die zitierte Notiz vom 9. März 1513 läßt vermuten, daß der Propst da­mals noch einigermaßen Herr der Lage war. Bald darauf scheinen sich die Aufrührer des Stiftsgebäudes bemächtigt und den Propst verjagt zu haben, der im Hause des Wiener Juristen Dr. Georg Schrättl Unterkunft fand und von dessen Dienerschaft betreut wurde46). Zu Pfingsten 1513 — der Pfingstsonntag fiel damals auf den 15. Mai - befahl das niederöster­reichische Regiment die Eroberung des Stiftes mit Waffengewalt; Büch­senmeister, Zimmer- und Fuhrleute und Zeugwarte wurden bereitge­stellt47). Auch der Wiener Rat sollte sich an der Strafexpedition beteili­gen; als sich vier Ratsherren weigerten, wurden sie abgesetzt und an­dere an ihre Stelle berufen. Der passauische Offizial Dr. Georg Prenner, der offenbar zugunsten des Klosterneuburger Konvents intervenieren wollte, durfte auf Befehl des Regiments nicht nach Wien eingelassen werden. Hören wir, wie diese Ereignisse in einer späteren Beschwerde­schrift der Stadt Wien dargestellt wurden: „...haben sich das bemellt regiment in dem dreyzechenden jar ungeverlich um die pfingstfeyrn vier erber frum burger des rats der selben zeit aus demselben ratt ze thun, irer eern standts zu entsetzen understanden, dem burgermaister derselben zeit die vier, 43) Vgl. Anm. 80, 118. 44) Vgl. Anm. 53, 86, 90, 118. 45) Vgl. Anm. 84. Zum Amtieren Lamprechtshausers bis zum Ausbruch der „Zwie­tracht“ StiAKl. Anonyme Chronik fol.2v (vgl. auch Anm. 27). 46) StiAKl. Rb 1/9 fol. 9v. Dr. Jörg (Georg) Schrättl aus Neumarkt in der Oberpfalz, als Dr. jur. in Wien seit 1492, kaiserlicher Protonotar 1497, Stadtanwalt zu Wien 1498-1499, Kammergerichtsbeisitzer 1507, gest. 1520: siehe Richard Perger Die Wiener Ratsbürger 1396-1526 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte 18, Wien 1988) 243, Nr. 455. 47) StiAKl. Rb 1/9 fol. lOv (=Rechnungsbuch des Propstes): „... den püchsenmaistern auff Kay. Mt. bevelh, zymerleuten, fuerleuten und zeugwartern, so den zeug gen Neun­burg in den zug mit den herren des regiments gefurt haben, geben 25 t. 1 s. 8 d __“ Zum Datu m siehe Anm. 48. 24

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