Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 41. (1990)
HEPPNER, Harald: Serbien im Jahre 1889 nach einem Bericht Ludwig von Thallóczy's
Serbien im Jahre 1889 (1654)") gemacht und sind in Zefarovic’(1719, Wien) Wappenbuch99 100) enthalten. Es war auch das Wappen Pannoniens (Ungarns) dort. Indem Euer Exzellenz die heraldischen Curiosa wenig interessiren, erlaube ich mir zu bemerken, dass gelegentlich eine Retorsion101) nicht schaden würde. Übrigens, Eindruck machte die Geschichte auf das Volk gar nicht; viele hielten es für heilige Embleme. Ich frug einen wohlhabend aussehenden Bauern um seine Meinung, worauf derselbe beiläufig antwortete: „Was kauft man sich dafür?“ Die Haltung der Bauern war nüchtern, gemessen; sie arbeiten genug für ihr Brot und haben keine politischen Aspirationen. Das Gros hatte zwar einen Begriff von Kossovo, da der Serbe ein reges Nationalgefühl besitzt, aber in welcher Form? Man schrie „Zivio kralj, zivio Kossovo!“ Schon am 26. [Juni] Abends fühlte das Ministerium, dass eigentlich wenig Leute da sind. Die Stadt ist klein, und wenn 2-3 Moscheen drin wären, wäre sie die reine türkische varos102). Trauerflaggen, Aufschriften und Zuckerlverkäufer, Gruppen von Bauern und Soldaten gaben den [!] Relief zum Feste. Als am 27. [Juni] die kirchliche Feier begann, sah man evident, dass nicht mehr Fremde als 3.000 Menschen da seien103). Man vertröstete sich auf Zica; „dort wird das Gros sein“, sagte General Protic. Ich musste das Lachen oft unterdrücken, wie diese Leute sich einander bewußt anlogen. Ist es denn nicht köstlich, wie General Protic und Herr Mijatovic folgendes (laut Stenogramm) Zweigespräch führen? P.: „Doch schade um den armen Czar Lazar!“104) M.: „Der arme Mann, er starb für Serbien, so jung, so gescheit.“ P.: „Was sind wir für arme Waisen!“ Nicht uninteressant war die europäische Repräsentanz der öffentlichen Meinung. In erster Reihe [!] muss man Herrn Brindsley-Richards, den schon genannten wiener Correspondenten der „Times“ erwähnen. Der 99) Im Original hinzugefügt „den katholischen Panslavismus gemacht von in Rom studirten croatischen Geistlichen“. Diese Bemerkung bezieht sich auf die Schriften von Priboevic und Orbini, die Juraj Krizanic in seiner panslavischen Konzeption weiter entwickelte. Dazu Reinhard Lauer Funktion des illyrischen Ideologems in der südslawischen Literatur (Ethnogenese und Staatsbildung in Südosteuropa, Göttingen 1974) 116-124. 100) Hristofor Zefarovic (-1753), Graphiker, Maler, Historiograph, zusammen mit T. Messner Verfasser der „Stemmatografia sive armorum illyricorum delineatio, descriptio et restitutio“, die zu den Grundsteinen der neuzeitlichen serbischen Geschichtsschreibung zählt. 101) = Erwiderung. 102) Város = Stadt (ungarisch). 103) Vgl. Hengeimüller an Kálnoky 5. Juli 1889 (HHStA PA XIX K 71), wo von 2.000 Personen die Rede ist. 104) Lazar (1329-1389), serbischer Fürst, der die Stadt Krusevac errichten hatte lassen, ist in der Schlacht am Amselfeld als Heerführer der Serben gefallen. 179