Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 41. (1990)

HEPPNER, Harald: Serbien im Jahre 1889 nach einem Bericht Ludwig von Thallóczy's

Harald Heppner Die Mache und das Programm waren ungeschickt zusammengestellt, die Ausführung und die Ordnung waren musterhaft unordentlich. Es klappte nichts; mir kam es vor, ich sei bei einer ungarischen Abgeord­netenwahl, wo man den Candidaten ohnedem einstimmig wählt, daher kümmert man sich nicht um die Details. Am 25.-26. [Juni] war in Belgrad alles still, man sprach nicht einmal über die Feier; nur die Umgebung des kleinen Königs war aufgeregt, wie sich wohl die Majestät alle diese Ceremonien gefallen lassen wird. Am 26. VI. war die Abreise von Extrazügen und dem Seperatzuge des Königs festgestellt. Im Ganzen kamen 120 Personen aus Belgrad nach Krusevac. Schon bei der am 22. Juni abgehaltenen akademischen Feier in Belgrad, wo Herr Mijatovic einen süssholzartigen Vortrag über die Kossovoer Schlacht hielt, war es evident, dass kein besonderer Enthusiasmus vor­handen sei. Die Reise des Königs von Belgrad bis Stalac95) (der Station von Krusevac) ging flott von Statten, überall erwarteten ihn seine eige­nen Bilder, die seines Vaters, seltener seiner Mutter. Reisig und Tannen, Volk und Soldaten, Ziris96) und Zigeuner bei allen Stationen. Der Einzug am 26. [Juni] in Krusevac wahr sehr einfach; die Leute gaff­ten, zwei Enten (Omen) liefen den Weg entlang, als der kleine König durch die Triumphpforte fuhr und das arme Militär praesentirte. Diese berüchtigte Triumphpforte besteht aus schlechten, grau über­tünchten Kisten und kostete sammt Malerei 2.500 frc. (ausserdem noch 3 in [der] Stadt). Die Serben erschracken sehr, als sie die Wirkung sa­hen, welche diese Jahrmarktskomödie auf die Fremden ausübte. Ich liess dieses Prachtexemplar photographiren und werde dasselbe statt einer langweiligen Beschreibung vorlegen97). Her Ghiaja kam mit der Excusation, dass dies die Länder seien, wo Serben wohnen, welche am Kossovo mitfochten98)(!). Die officiellen Kreise logen so feige, dass man eigentlich lachen muss, wenn man dieses grosserbische Kistengestell näher ansah. Die Wappen sind nach dem dalmatinischen Illyrismus 95) Stalac. Ortschaft unweit des Zusammenflusses des westlichen und südlichen Armes der Morava, Station an der 1884 eröffneten Eisenbahnlinie zwische Belgrad und Nis. 96) Dieser Begriff konnte nicht befriedigend geklärt werden. Am ehesten scheint es sich um eine verballhornte Schreibweise von ,,Ciri“(=Kiri), d.h. eine dem Griechischen entnommene Form von „Herrn“, vermutlich der Ortshonoratioren, zu handeln. Siehe dazu Bratoljub Klaic Veliki rjeönik stranih rijeci. Izraza i kratica (Großes Wörterbuch fremder Sprachen. Ausdrücke und Abkürzungen) (Zagreb 1974) 240, 651. 97) Photo fehlt in der Beilage. 98) Siehe auch Hengeimüller an Kálnoky 5. Juli 1889 (HHStA PA XIX K 71). 178

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