Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 40. (1987)

LUNITZ, Martin: Diplomaten im 16. Jahrhundert. Zum Problem der Finanzierung ständiger Gesandtschaften am Beispiel der Botschafter Kaiser Karls V. in Frankreich und England

Diplomaten im 16. Jahrhundert 7 so gut wie alle kaiserlichen Verwaltungsakte in Kastilien unterband. Den Hinweis dafür gibt die Schlußabrechnung der Gesandtschaft Philibert Natu­reis. Während der 12 Monate bis zum Abbruch der diplomatischen Beziehun­gen mit Frankreich hätte er von Spanien aus bezahlt werden sollen, was wegen der dortigen Unruhen nicht möglich gewesen war. Deshalb stellte ihm Karl nach Beendigung der Gesandtschaft „lettres patentes“ für die Entlohnung durch den Receveur Général aus23). Philibert Naturei war zum Zeitpunkt seiner Mission in Frankreich Abt von Esnay, von Villers in Brabant, Dompropst von Utrecht und Cambrai sowie seit 1504 Kanzler des Ordens vom Goldenen Vlies. Noch während der Gesandtschaft wurde er Mitglied des Conseil Privé, den Karl am 19. Oktober 1520 einsetzte24). Seine Einkünfte aus den beiden geistli­chen Ämtern sind uns nicht bekannt25), aber seit geraumer Zeit bezog er von Karl eine jährliche Pension von 1200 livres neben 180 livres als Jahresgage für das Amt des Ordenskanzlers253). Der Gesandte Karls in England, Meza, war Bischof von Eine und erscheint im Jahre 1521 auch als Bischof von Badajoz in den Rechnungsbüchem des Rece­veur Général Jean Micault26). Beide verfügten also über ausreichende Ein­künfte aus ihren Benefizien, um nicht von den Gesandtengagen abhängig zu sein27). Diese Art der Existenzsicherung - man erinnere sich an die oben erwähnten Ausführungen Gollwitzers (siehe Anm. 2) - war jedoch schon seit längerem nicht mehr die Regel, denn mit der Veränderung der personellen Struktur des Fürstendienstes hatte die Zahl der Gehaltsempfänger zugenommen. So war Dr. Rodrigo Gonzalvo de Puebla, einer der Vorgänger Mezas am Tudorhof und der erste ständige Gesandte der Katholischen Könige in England, auf die regelmä­ßige Zahlung seiner Gagen als Mitglied des „consejo Real de Castilla“ und der Tagessätze für die ständige Gesandtschaft angewiesen. Doch de Puebla war unterbezahlt, seine Besoldung zudem dauernd im Rückstand. Mattingly zeigt, daß es dem Gesandten angesichts dieser prekären finanziellen Situation nicht immer möglich war, den ihm angemessenen Status zu wahren. Es gelang ihm 23) ADN B 2301 Micault 1521 fol. 353v, Rubrik „Ambassades par mandements particuliers“. Von den für diesen Zeitraum von 12 auf 14 livres pro Tag erhöhten Bezügen hatte der Dompropst nichts erhalten. Frühestens zwei Monate nach seiner Rückkehr wurden ihm seine Auslagen ersetzt („Lettres patentes“ von 1521 August 21). 24) Alexandre Henne Histoire du Regne de Charles-Quint en Belgique 2 (Bruxelles 1858) 323. 25) Mit den Einkünften aus seinen Benefizien in Frankreich, eines davon war die Abtei Ainay bei Lyon, hatte Naturei immer wieder Schwierigkeiten. Näheres bei Kol­ler Au service 20ff. 25a) ADN B 2301 Micault 1521 fol. 125r-v. 26) Bestätigung bei Pius Gams Series episcoporum ecclesiae catholicae 11 (Graz 1957) 600. Der Dominikaner Meza wurde 1514 Bischof von Tripoli, 1517 übernahm er das Bistum Elna, 1521 das Bistum Badajoz. Er verstarb 1521 in Rom. 27) Zu Mezas Einkünften aus dem Bistum Badajoz vgl. Gayangos CSP Spanish 2 Einleitung CXVf und 32lf.

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