Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 39. (1986)

AUER, Leopold: Historische Friedensforschung (Literaturbericht)

Rezensionen 477 Gruppen, „Österreichbegriff und Österreichbild“, „Genealogie und Quellen­kunde zur österreichischen Geschichte“ sowie „18. und 19. Jahrhundert“, geteilt, bieten die Aufsätze einen repräsentativen Einblick in die weitgespann­te Forschertätigkeit des Jubilars. Anders als Fichtenau hat Z. allerdings darauf verzichtet, die zum Teil schon vor Jahrzehnten verfaßten Abhandlungen zu überarbeiten und, wo nötig, mit dem letzten Forschungsstand in Einklang zu bringen. Die Herausgeber begründen das damit, daß die Aufsätze, „so, wie sie in die nachfolgende Forschung eingegangen sind und in ihr einen großen Stellenwert gewonnen haben, gewürdigt werden“ sollten (Vorwort S. 8). Dieser Standpunkt hat zweifellos dort seine Berechtigung, wo Z. selbst gewonnene Forschungsergebnisse zu Diskussion stellt. Er wird aber dort problematisch, wo er fremde Ansichten zu übernehmen gezwungen war, die sich dann später als unhaltbar herausgestellt haben. Ein Beispiel soll das verdeutlichen: In dem — übrigens glänzenden — Aufsatz Formen und Wandlungen des Österreichbe­griffes (S. 13 bis 38) findet sich auf S. 16 f die Passage: „Während uns in der ersten Hälfte der 270jährigen babenbergischen Herrschaft recht oft anschließend an Ortsbezeichnungen die Formel ,in marchia et in comitatu N. marchionis’ begegnet, was besagen soll, daß der Ort in der Mark und (was keineswegs selbstverständ­lich war) in einer unmittelbar vom Markgrafen verwalteten Grafschaft liegt, wurden später die anderen Grafengeschlechter im wesentlichen ausgeschaltet; es blieben nur einige exterritoriale Relikte. Wurden so Land und Herrschaftsbereich des Herzogs (terra und ducatus) allmählich zur annähernden Deckung gebracht, so behalten andererseits die einmal ausgebildeten Länder ihre Individualität“. Das ist nun nichts anderes, als die „Stowasser-Lechnersche-Grafschaftstheo- rie“, die, wie man heute weiß, zu einem völlig verzeichneten Bild der Verfas­sung des babenbergischen Österreich geführt hat (vgl. dazu Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich NF 42 [1976] 276 ff und NF 50/51 [1984/85] 341 ff). Im übrigen hat Otto Brunner schon 1939 gezeigt, daß Stowasser und Lechner zu Unrecht die Kongruenz von terra und ducatus geleugnet haben (die entscheidenden Stellen Brunners werden von Z. auf S. 16, Anm. 7 zitiert!) In diesem Aufsatz geht Z. folgerichtig auch auf den Begriff der „österreichi­schen Nation“ ein (S. 37 f). Sein bemerkenswertes und gültiges Resümee dazu sei wieder im Wortlaut zitiert - es macht m. E. eine aus leicht durchschaubaren Gründen verfaßte umfangreiche Monographie zu diesem Thema entbehrlich: „Was aber Österreich betrifft, so scheint eine mit dem Heimatgedanken eng verknüpfte, unkomplizierte, positive Staatsgesinnung, unterstützt durch politischen Realismus, zu erstarken und immerhin bereits soweit gefestigt zu sein, daß keine echte Veranlassung für eine erhitzte Auseinandersetzung über die .österreichische Nation', den .österreichi­schen Menschen' oder über das ureigenste Wesen des Österreichbegriffs besteht“ (S. 38). Die naturgemäß vom Autor vorgenommene Auswahl der wiederabgedruckten Arbeiten ist ausgewogen, wenngleich der Mediävist gerne die eine oder andere Studie in den Band hätte aufgenommen gesehen (etwa Zur Bedeutung der älteren Otakare für Salzburg, St. Pölten und Wien, Awarisches Namensgut in Bayern und Österreich oder Rugier oder Russen in der Raffelstettener Zollord­nung). Auch einzelne der gehaltvollen und weiterführenden Rezensionen Z’s hätten bei dieser Gelegenheit leicht allgemeiner bekannt gemacht werden können. So etwa die Besprechung von Karl Oettingers Das Werden Wiens. Z. war damals - 1951 — der einzige, der dem Buch positive Aspekte abgewann und sich von den unschönen und vielfach auch unberechtigten Angriffen auf seinen

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