Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 39. (1986)
AUER, Leopold: Historische Friedensforschung (Literaturbericht)
472 Literaturberichte ist das Schlußkapitel gewidmet. Gegliedert ist das Buch in vier Abschnitte: „Der ,Anschluß1“, „Stabilisierung und Höhepunkt der NS-Herrrschaft 1939-1941“, „Der Totale Krieg“ und „Das Volk und die NS-Herrschaft“. Im ersten Abschnitt erzählt Hanisch die Geschichte des „Anschlusses“ in Salzburg und die ersten nationalsozialistischen Maßnahmen des Jahres 1938. Im Gegensatz zu den anderen Bundesländern blieb das Gebiet des Landes Salzburg als „historisch-politische Individualität“ unverändert bestehen. Die einflußreiche Stellung der katholischen Kirche bewirkte einen von den Nationalsozialisten besonders aggressiv geführten Kirchenkampf. Insgesamt jedoch war der Beginn der NS-Herrschaft von deutlich weniger Gewalt gekennzeichnet, weil, wie der Autor meint, die „Sündenböcke“, Juden und Marxisten, kaum vorhanden waren. Der Wirtschaftsaufschwung schlug in Salzburg rascher als im Osten durch, die Parteiorganisation war nicht wie in Wien gespalten, Machtkämpfe innerhalb von Partei und Verwaltung gab es kaum. Der zweite Abschnitt behandelt die „Herrschaftsträger“ in dieser Zeit: Hier kommt vor allem der katholischen Kirche große Bedeutung zu, deren Einfluß der Nationalsozialismus nicht brechen konnte. Wenig relevant waren die Eliten im Bereich der Wirtschaft, die außerdem, durch die Proklamation von Salzburg als Erholungsgebiet des „Dritten Reiches“ als „Gau der guten Nerven“ in ihren Einfluß auf die Politik beschnitten war. Abgesehen von der. Wehrmacht, die durch die Etablierung des Wehrkreiskommandos in Salzburg eine wichtige Rolle spielte, hatte die NSDAP/PO die eindeutige Führungsposition im Machtkonglomerat inne. Der Errichtung und Ausgestaltung des Reichsgaues nach dem Ostmarkgesetz, den Gauleitern Rainer und Scheel, den Salzburger Festspielen, die sich gegenüber Bayreuth kaum behaupten konnten, sowie der Vernichtung von Minoritäten, den Zigeunern, sind weitere Kapitel gewidmet. Die ideologische Mobilisierung für den „totalen Krieg“, die nicht zu unterschätzende Rolle der Heimatkultur, der Widerstand des 20. Juli 1944 und das Kriegsende werden im dritten Abschnitt behandelt. Einen kurzen Überblick über die Kontrolle der Bevölkerung und Probleme der Zustimmung, der Resistenz und des Widerstandes, vor allem der Bauern und Arbeiter, beschließen das Buch. Einige Worte zur Sprache des Autors und zur Ausstattung des Bandes: Zweifellos ist das Buch der bisher von einem österreichischen Berufshistoriker gelungenste Versuch, Geschichte einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren: Die lockere, pointierte Sprache erinnert an angelsächsische Sozialhistoriker (ohne allerdings immer deren inhaltliche Tiefe zu erreichen). Der leicht faßbare und verständliche Stil, das Taschenbuchformat und die ausgezeichneten Fotomateriahen machen das Werk auch für jene Leute interessant, die selten zu Büchern greifen. So sehr hier also, zumindest äußerlich, jene so oft gewünschte Verbindung Historiographie und Journalismus auf geradezu ideale Weise verwirklicht scheint, so sehr muß man aber auch vor scheinbar pointierten Übertreibungen warnen, die leider dem Autor allzuoft passieren und den Wert des Buches herabsetzen. So schreibt Hanisch über die Vertreibung und physische Vernichtung der Juden: „Das begann skurril-harmlos, etwa wenn den Juden verboten wurde, die Landestracht, Dirndl und Lederhose, zu tragen, und endete in Ausschwitz... “. Die Bezeichnung „skurril-harmlos“ für das Trachtenverbot für Juden im Nationalsozialismus ist vollkommen verfehlt (und in Hinblick auf eine emanzipatorische Geschichtsschreibung, die durch kritische