Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 38. (1985)

PETRITSCH, Ernst Dieter: Der habsburgisch-osmanische Friedensvertrag des Jahres 1547

54 Ernst Dieter Petritsch Beispielsweise hatten sich zahlreiche ungarische Magnaten, die dem Osmanenherrscher Tributzahlungen versprochen hatten, in der Zwischenzeit (wieder) unter Ferdinands Oberhoheit begeben — die Forderung seitens des Sultans blieb natürlich aufrecht. Zweitens verlangten die Osmanen die Güter Peter Perényis23), worunter sie vor allem die Festung Eger (Erlau) verstanden, weiters die Restitution der Besitzungen ihres Gefange­nen Valentin Török24), die sich sämtlich auf Ferdinands Hoheitsgebiet befanden. Schließ­lich forderte Süleymän noch jene Gebiete, die verdienten Soldaten als Timargüter (Lehen) verliehen worden waren, de facto aber auf habsburgischem Territorium lagen25). Im endgültigen Friedensabkommen von 1547 gaben die Osmanen zwar alle territorialen Forderungen auf, Ferdinand mußte ihren „Verzicht“ aber teuer erkaufen. Süleymän ließ sich nämlich seine vier Forderungspunkte um je 5000 Dukaten ablösen, sodaß sich schließlich, zusätzlich zu den von Secco zugesagten 10.000 Dukaten, eine Gesamtsumme von jährlich 30.000 Dukaten ergab26). Auf der anderen Seite verlangte Ferdinand namens seiner getreuen Magnaten, deren weit verstreute Besitzungen teils auf mittlerweile osmanisch gewordenem Gebiet lagen, daß sie von den dortigen Untertanen nach alter Gewohnheit weiterhin Steuern einheben dürften. Obwohl diese unrealistische Forderung nicht durchgesetzt werden konnte, bildete sie noch viele Jahre lang Anlaß für zahllose Grenzverletzungen. Die Großgrund­besitzer kümmerten sich nämlich überhaupt nicht um politische Grenzen und trieben von ihren ehemaligen Untertanen Abgaben ein. Diese doppelte Belastung der bedauerns­werten Bevölkerung war zusammen mit den fast ununterbrochenen Kriegseinwirkungen mit ein Grund für die unaufhörliche Verödung der Grenzregion inmitten Ungarns. - Eine weitere Forderung, die Rückgabe mehrerer während der vereinbarten Waffenruhe er­oberter Orte, konnte Ferdinand ebenfalls nicht durchsetzen2’). Einen Monat vor Ablauf des einjährigen Waffenstillstandes kam Gerhard Veltwyck, diesmal Vertreter Ferdinands und Karls in einer Person, wieder in Konstantinopel an, um die offengebliebenen Kontroversen zu bereinigen und ein definitives Abkommen abzuschließen. Auf der beschwerlichen Reise er­krankt, verließ er die seuchengefährdete Hauptstadt wieder, sobald sein schlechter Gesundheitszustand dies zuließ, und verbrachte den Winter so wie der Sultanshof in der klimatisch gesünderen Stadt Edime. Dort erzielte er in zähen, allerdings nur sporadisch anberaumten Verhandlungen mit den Wesiren schließlich insofern Übereinstimmung, als sich die Osmanen, wie bereits er­wähnt, ihre Territorialforderungen durch jährliche Zahlungen ablösen ließen, wogegen Ferdinand seine Ansprüche gänzlich fallenlassen mußte - und dies, obwohl die Osmanen im Frühjahr 1547 ernsthaft an einem Frieden in Ungarn interessiert sein mußten. Einerseits hinterließ der Sieg der deutsch-spanischen Armee Karls V. über die deutschen Protestanten (bei Mühlberg am 24. April 23) Ferdinand schob Perényi die Hauptschuld am Debakel des Feldzugs von 1542 zu, ließ ihm den Prozeß machen und ihn einkerkem. Perényi, dessen Sohn 1532 von den Osmanen als Geisel genommen worden war, starb Anfang 1548 kurz nach seiner Freilas­sung: Ignaz Aurelius Fessler Geschichte von Ungarn 3 (Leipzig 1874) 522, 536. 24) Der einflußreiche Magnat Valentin Török befand sich seit 1541 bis zu seinem Tod im Jahr 1550 in osmanischer Gefangenschaft: ebenda 518. 25) Diese Güter in der Umgebung von Gran (Esztergom) hatte Süleymän 1543 verlie­hen: Petritsch Ungampolitik 172, 187. 2e) Ebenda 200, 286. 2’) Ebenda 171-174, 186-188.

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