Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 38. (1985)

MIKOLETZKY, Lorenz: Wie alt ist die Spanische Reitschule wirklich? Ein Nachtrag zum Jubiläum von 1972

328 Lorenz Mikoletzky Es geht aus Dregers Arbeit nicht unmittelbar hervor, aus welchen Unter­lagen dieses Zitat stammt, einige Absätze später findet sich unter der Anmerkung 208 jedoch ein auf ein anderes Zitat-bezüglicher Hinweis („Akten im Archiv des k. k. Gern. Finanzministeriums“), der dem For­scher weiterhilft. Heute ist das Archiv des Finanzministeriums eine Abteilung des Öster­reichischen Staatsarchivs (Finanz- und Hofkammerarchiv) und die von Dreger eingesehenen Materialien sind dort allgemein zugänglich. In den Beständen des Hofkammerarchivs befinden sich unter anderem die Nie­derösterreichischen Herrschaftsakten * 5). Eine eigene Unterabteilung bein­haltet die Wien betreffenden Akten, und hier finden sich auch Archiva­lien zu: „Reitschule, Hofapotheke (1620—1734)“, darin auch der die Spani­sche Reitschule betreffende Akt, nur zeigt er deutlich die Jahreszahl 1672!6). Damit verschiebt sich aber die „Erstnennung“ um genau hundert Jahre. Es gab und gibt immer wieder Beispiele, daß Festdaten umstritten sein können7), und im Laufe der Menschheitsgeschichte — so könnte man glauben — sind hundert Jahre mehr oder weniger nicht so bedeutungs­voll. Hier liegt jedoch schwarz auf weiß der Beweis für den Fehler vor. Die Heranziehung von Originaldokumenten ist gerade bei Jubiläen äußerst wichtig, damit blamable Irrtümer ausgeschlossen werden können. Bei den Vorbereitungen für das Jubiläum von 1972 ist dies anscheinend verab­säumt worden, denn neben dem falschen Datum ist auch die unrichtige Lesung „Reithsalls“ für „Reithstall“ zu korrigieren. Frieberger Die spanische Hofreitschule (Wien—Augsburg 21927) 11 heißt es über einen Plan des Daniel Suttinger von 1687 (!): „Suttingers vorerwähnter Plan zeigt auf dem Grund der spanischen Hofreitschule, von allerlei Mauerwerk straßenwärts begrenzt, sauber abgestochene Beete, wohl einen Gemüsegarten; mehr zurückgezogen und tiefer liegt zwischen den Schloßflügeln ein blumen­gezierter Lustgarten“, und auf einer Ansicht der Residenz von 1688 „sieht man ... den Roß-Tumbelplatz, und nebst ein paar Zusehern einen Reiter im Sattel eines Rosses, das eben von einer Kapriole zu landen scheint“. Damit ist ein wei­terer Beweis gegeben, daß es sich nicht um einen „Reithsall“ handeln kann, sondern, wie eindeutig aus dem Originaltext hervorgeht, um einen „Reithstall“, der 1672 hier erbaut wurde. Vgl. Anm. 6 und Anhang. 5) Über diese Serie vgl. Inventar des Wiener Hofkammerarchivs (Inventare österreichischer Archive 7, Wien 1951) 7. «) HKA Niederösterreichische Herrschaftsakten W/Wien 61/A 2 (Kaiser­liche Burgbauten 1526—1746) fol. 1102r—1106v. 7) Vgl. etwa Franz Dirnberger „200 Jahre Burgtheater“. Auf der Suche nach einem Jubiläum in MÖStA 29 (1976) 169—214.

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