Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 36. (1983)

LUTTENBERGER, Albrecht: Landfriedensbund und Reichsexekution. 2. Zur politischen Vorgeschichte des Frankfurter Reichskreistages vom Oktober/November 1554

16 Albrecht Luttenberger fränkischen Einung gehe keine ernste Gefahr aus, war, was Bayern be­traf, offensichtlich durchaus auf die provokative Wirkung berechnet, die sie auf Herzog Christoph, der sich von Herzog Heinrich von Braunschweig massiv bedroht fühlte, haben mußte. Sie war insofern Teil einer neuen Strategie Bayerns, die darauf abzielte, der innerhalb und außerhalb des Bundes beobachteten Stärkung der württembergischen Position entgegen­zuwirken. Den notwendigen Rückhalt dafür versprach man sich von einer engen bundespolitischen Kooperation mit König Ferdinand. Die Taktik, solche Kurskorrektur konfessionspolitisch zu motivieren und damit ihren eigentlichen Hintergrund zu verschleiern, verfehlte, obwohl durchsichtig genug, die beabsichtigte Wirkung auf den königlichen Bundesbevollmäch­tigten Dr. Johann Ulrich Zasius nicht. Aber selbst dessen konfessionali- stisch zugespitzte und zweifelsfrei überzogene Polemik gegen Württem­berg läßt noch deutlich genug erkennen, daß es im Kern um eine regio­nale machtpolitische Rivalität ging, die innerhalb des Bundes ausgetra­gen werden sollte 54 *). Unabhängig davon gab es freilich auch sachliche Gemeinsamkeiten, die eine bayerisch-österreichische Kooperation auf dem bevorstehenden Bundestag nahelegten. Dies gilt unter anderem für die Aufnahme Hessens in den Bund, die Bayern und Ferdinand nur bewilli­gen wollten, wenn die nassauische Streitsache ausgenommen wurde, vor aktén in genere 23 fol. 412—418, hier fol. 412 v; Zasius’ Protokoll vom Wormser Bundestag, 1554 Juni 16—28: Druffel Beiträge 4 473-—481 n. 451, hier 479; Ernst Briefwechsel 2 590 f n. 721 und die württembergische Erklärung, 1554 Juni 28 Worms: HSTA München Kasten schwarz 5186 fol. 139 rv. 54) Zasius an König Ferdinand, 1554 Juni 4 Augsburg: HHSTA RK Berichte aus dem Reich 4 fol. 188—202 (knappe Zusammenfassung bei Druffel Bei­träge 4 469 f n. 445. — Verräterisch sind vor allem die bayerische Erregung über den Wunsch Christophs, man möge die Gesandten zum Bundestag mit unein­geschränkter Vollmacht auch für im Ausschreiben noch nicht genannte, mög­licherweise auftauchende, dringliche Fragen abfertigen, und der damit verbun­dene Verdacht, mit solcher Vollmacht solle die Möglichkeit für allerhand würt­tembergische Manipulationen etc. geschaffen werden, außerdem die kleinliche Kritik an der Amtsführung des Bundeshauptmannes wegen angeblicher Eigen­mächtigkeiten und der Vorwurf, bei der Aufnahme Hessens, gegen die man auch in München im Grunde sachlich nichts einzuwenden hatte, sollten Sonderbe­dingungen eingeräumt werden, obwohl man solche König Ferdinand, als Bayern sie wünschte, abgeschlagen hatte. Verräterisch ist auch, daß Zasius unter dem Eindruck der bayerischen Argumentation jetzt plötzlich entdeckte, „daß er [= Herzog Christoph] ad maxima quaeque aspierirt und ain übermessige ambition in im hett, derwegen sich wol vor ime vorzusehen; aufs wenigst wer er gern absolutus dominus, weder der ksl. Mt. noch dem ksl. ghericht under- worfen, hulf auch andern gerne darzu, darumb stimbt er mit dem gottlosen echter wider das cammergericht jetzo öffentlich und vermesslich überain, macht die acht verdächtlich und weißt andere auch auf solche mainung; sorg lautter, es stekh ain Hg. von Ferrär in im, darumb er auch die clientelas der stett nit von der genß wegen suecht ...“: Zasius an König Ferdinand, 1554 Juni [5?] Augsburg: HHSTA RK Berichte aus dem Reich 4 fol. 204—208, hier fol. 205 v —206.

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