Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 36. (1983)

LUTTENBERGER, Albrecht: Landfriedensbund und Reichsexekution. 2. Zur politischen Vorgeschichte des Frankfurter Reichskreistages vom Oktober/November 1554

2 Albrecht Luttenberger Zweifel Raum, ob das Urteil überhaupt die Zustimmung Karls finde3), und verstärkte den allenthalben gerüchteweise verbreiteten Verdacht, man plane in Brüssel einen hinterhältigen Überraschungscoup zur Durch­setzung der spanischen Sukzession 4). Hinzu kam die Furcht, das Reich könne gegen sein eigenes Interesse unversehens in den Konflikt mit Frankreich manövriert werden5). Die undurchsichtige Untätigkeit der kaiserlichen Regierung, die sich nur sehr zögernd herbeiließ, dem Kam­mergericht den aus Furcht vor markgräflichen Übergriffen erbetenen Schutz in Aussicht zu stellen 6), ließ es mehr als fraglich erscheinen, ob die mandierten Stände und Kreise, wenn sie bei der Exekution der Acht in Bedrängnis gerieten, auf kaiserliche Unterstützung bauen konnten. Anders gesagt: Die königliche/kaiserliche Gewalt trat in der Exekutions­angelegenheit nicht als überzeugend auf das unverfälschte Reichsinteresse festgelegte, richtungweisende Führungskraft hervor, deren demonstrati­ves und effektives Engagement hätte gewährleisten können, daß die Acht­exekution nicht sinnwidrig zur Ausweitung der Wirren, sondern zu dauer­hafter Pazifikation führte. Für dieses Manko bot die Politik Ferdinands kein vollgültiges Äquiva­lent. Der König war in den ersten Monaten des Jahres 1554 zweifellos lebhaft an einer vertraglichen Lösung des fränkischen Konfliktes interes­siert, die das umständliche Achtverfahren überflüssig machte und ihn dsben, 1554 Januar 24 Nürnberg: ebenda fol. 55—57 v, hier fol. 56 und dsbe an dsben, 1554 März 19: ebenda fol. 509—524, hier fol. 514 rv. s) Schwäbischer Kreis an Karl V., 1554 März 15 Ulm: Hauptstaatsarchiv (künftig HSTA) München Kasten schwarz 13902 fol. 72—73 v und Instruktion der fränkischen Verbündeten zur Werbung bei Karl V., 1554 März 1: HSTA München Kasten schwarz 4214 fol. 139—142 v. — Zu der durch die kaiserliche Untätigkeit hervorgerufenen allgemeinen Orientierungslosigkeit vgl. z. B. Beiträge zur Reichsgeschichte (= Briefe und Akten zur Geschichte des 16. Jahrhunderts mit besonderer Rücksicht auf Bayerns Fürstenhaus) 4, hg. von August von Druf­fel, bearb. und ergänzt von Karl Brandi (München 1896) 376 f n. 374. *) Vgl. Druffel Beiträge 4 311 f n. 295 und 327 f n. 321; Zasius an Herzog Albrecht von Bayern, 1554 Januar 8 Nürnberg: HSTA München Kasten schwarz 5375 fol. 53—54 v und Zasius an König Ferdinand, 1554 April 13/14 Augsburg: HHSTA RK Berichte aus dem Reich 4 fol. 1—20, hier fol. 10 rv und 15 f; auch der pfälzische Kanzler Dr. Probus an Zasius, 1554 April 18: ebenda fol. 115 e—f. 5) Zasius an König Ferdinand, 1554 März 19: HHSTA RK Berichte aus dem Reich 3 fol. 509—524, hier fol. 523. — Im Mai meinte Zasius: „Zum andern würde von aller gebür und nott wegen die exequution wider Mgf. Albrechtén und also abermalls per indirectum der khrieg vom reich wider Franntzhosen ins werkh gezogen werden khünden, wie ich dann vor der zeit deßhalb etliche discurß darvon geschriben“; vgl. Zasius an König Ferdinand, 1554 Mai 26 Salz­burg: HHSTA RK Berichte aus dem Reich 4 fol. 144—157 und fol. 164, hier fol. 153 v. 6) Vgl. Druffel Beiträge 4 324 f n. 315; Karl V. an den Kammerrichter Graf Wilhelm Werner von Zimmern, 1553 Dezember: HHSTA RK Reichsakten in genere 22 fol. 342 rv und dsbe an das Kammergericht, 1554 Februar 5 Brüssel: ebenda fol. 356 f.

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