Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 35. (1982)

WEILING, Franz: Die philosophische Lehranstalt in Brünn (1808–1849) und die österreichische Bildungspolitik jener Zeit. Ihre Bedeutung für die Entdeckertätigkeit Johann Gregor Mendels

Die Philosophische Lehranstalt in Brünn (1808—1849) 127 telnden Gründen im Alter von 46 Jahren abgelöst. An seine Stelle trat, zu­nächst provisorisch, nach erfolgter konkursartiger Prüfung (1836) Matthäus Klácel (1808-1882)47). Nach eigenen Angaben bereits als siebzehnjähriger Student für die Philosophie begeistert, hatte sich Klácel 1834 mit der aner­kannt besten Konkursarbeit, jedoch vergeblich, um die damals vakante Pro­fessur der Moraltheologie an der Theologischen Lehranstalt in Brünn bewor­ben, wie dies aus erhalten gebliebenen Prüfungsunterlagen hervorgeht48). Im darauffolgenden Jahr hatte er sich, ebenfalls vergeblich, um das Doktorat der Bib.elwissenschaften bemüht49). „Auf Aufforderung“ des Bischöflichen Ordinariates wurde Klácel 1844 durch Prälat Franz Cyrill Napp von seiner Professur zurückgezogen und Franz Thomas Bratranek als Nachfolger vorge­schlagen50). Nähere Gründe führt Napp in diesem Schreiben für die Ablö­sung Klácels nicht an. In Wirklichkeit hatte sich Klácel durch seinen Einsatz für das tschechische Volkstum und wegen Verbreitung Hegelscher Gedan­kengänge beim Bischof mißliebig gemacht51). Sein Nachfolger Bratranek (1815-1884)52) hatte sich vor Abschluß seiner theologischen Ausbildung ei­nem erfolgreichen Studium der Kunstgeschichte, griechischen Philologie, klassischen Literatur und österreichischen Staatsgeschichte an der Universi­tät Wien gewidmet, in dessen Verlauf er mit der Familie von Goethe in Ver­bindung kam, die ihm später die Herausgabe eines Teiles des Goetheschen Nachlasses ermöglichte53). 1839 schloß er seine theologische Ausbildung an der Universität Wien ab. Anschließend übernahm er eine auf zwei Jahre (1841-1843) bemessene Stellung als Adjunkt der philosophischen Lehrkanzel der Universität Lemberg. Von dort aus hatte er sich im Dezember 1842 am Konkurs um die Professur der Philosophie an der Universität Innsbruck be­teiligt und bei den Prüfungen als zweitbester abgeschnitten54). Später war er 47) StHK 373 ZI. 478/1836. In dem Bericht des Landesgouvemeurs wird der 27jäh- rige Klácel als „eines der vorzüglichsten und gebildedsten Stifts-Individuen“ bezeich­net. - Biographische Angaben: Wurzbach BLÖ 12 (1864) lf; ÖBL 3 (1965) 362f; BLB 2 (1980) 154. - Nach StHK 373 ZI. 1968/1838 erfolgte „die förmliche Übertra­gung“ des philosophischen Lehramtes erst 1838. 48) StHK 373 ZI. 3462/1834. 49) Anna Matal óvá A monument to F. M. Klácel (1808-1882) in the vicinity of the Mendel statue in Brno in Folia Mendeliana 14 (1979) 251—263. 50) Schreiben Napps an StHK von 1844 Dezember 25: StHK 373 ZL 8876/1844. 51) Siehe Vitezslav Orel Mendels elder friar and teacher, Matthew Klácel (1808-1882) in The Quarterly Review of Biology 47 (1972) 435-436 und Zora Dvotá- ková Frantiiek MatouS Klácel (Praha 1976). Klácel war nicht offiziell Lehrer Men­dels. 52) Josef Barton Der vergessene mähr. Verehrer Goethe’s Prof. Dr. Thomas F. Bratranek OSA, Professor an der Universität von Krakau (Polykopie, Olmütz 1937); Uth Grzegorz Tornász Bratranek in Szkic historyczno-biograficzny zakonu augu- stianskiego w Polsce (Krakow 1930) 314—316; Adam Kleczkowski Franciszek To­rnász Bratranek (1815-1884) in Polski Slownik Biograficzny 2 (Krakow 1936) 416f; BLB 1 (1979) 136 und Schreiben Napps (wie Anm. 50). 53) Iltis Mendel 23f. 54) Auf Antrag von Prälat Napp wurde Bratranek mit Rücksicht auf diesen Inns­brucker Konkurs von einer weiteren Prüfung dispensiert und ihm mit Dekret der

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