Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 35. (1982)

WEILING, Franz: Die philosophische Lehranstalt in Brünn (1808–1849) und die österreichische Bildungspolitik jener Zeit. Ihre Bedeutung für die Entdeckertätigkeit Johann Gregor Mendels

Die Philosophische Lehranstalt in Brünn (1808 — 1849) 123 ten, durch Bearbeitung einzelner noch nicht hinlänglich auseinandergesetzter Gegen­stände, durch nähere Beleuchtung dunkler Begriffe, durch neue Entdeckungen und Er­findungen u. d. g. sich hervor zu thun, und durch öffentliche Mittheilung der Resultate solcher höherer wissenschaftlicher Verwendung sich um den Staat, für den jede Zu­nahme an Aufklärung Gewinn ist, verdient zu machen ..36). Die diesbezüglichen kaiserlichen Bemühungen scheinen zunächst ebenfalls auf wenig Verständnis und Gegenliebe der betroffenen Stellen gestoßen zu sein, so daß wiederholte Rückfragen der Landesstellen sowie Ermahnungen der Wiener Behörden erforderlich gewesen sind. Was Mähren und das an die­ser Stelle besonders interessierende Altbrünner Stift angeht, so liegen im Allgemeinen Verwaltungsarchiv zwei Eingaben des Landesgouvemeurs von Mähren vom 27. Juli und 13. Dezember 1811 noch vor. Der ersten Eingabe zufolge weist der Bischof von Brünn, über den die Befragung der mährischen Stifte erfolgte, auf deren Belastung durch Inanspruchnahme in der prakti­schen Seelsorge hin. In der zweiten Eingabe wird mitgeteüt, daß die Antwort des Bischofs auf anscheinend zusätzlich gestellte Fragen erst nach mehrmali­ger Erinnerung eingegangen sei. Der Prälat des Altbrünner Stiftes sieht sich dem ersten Schreiben zufolge: ......ausser Stand, sich zur Uebernahme einiger wissenschaftlicher Fächer bestimmt zu erkl ären. Indessen habe er drey Kleriker, denen ... er ungescheut aller Kosten den möglichen Vorschub leisten werde, daß einer sich zur Phüosophie, der zweite zur Hermeneutik und Sprachen, dann der dritte sich zur Kirchengeschichte und kanoni­schem Rechte nach ihrem Wunsche ausbilden könne . . .“36a). In der zweiten Eingabe wird für das Altbrünner Stift schließlich nur die Pflege des Bibelstudiums mit den nötigen Hilfswissenschaften angegeben. Besonders bemerkenswert erscheint die Stellungnahme des Landesgouver­neurs von Niederösterreich, Franz Graf von Saurau36b). In seinem Schreiben vom 18. Februar 1813, mit dem die Äußerungen der etwa elf Stifte dieses Landes an die Vereinigte Hofkanzlei weitergereicht werden, weist er zu­nächst auf „die wenig befriedigenden Resultate“ der von ihm durchgeführten Befragung hin. „Fast alle entschuldigen sich mit Mangel an Individuen und Apperaten“. Nachdem einige positive Äußerungen aus den Stiften Melk, Lüienfeld und Seitenstetten kurz hervorgehoben sind, fährt dieser Bericht fort: „Nach dem Erachten der [Landes-] Regierung läßt sich das Studium der Wissenschaf­ten bei keinem Stande erzwingen. Wissenschaften gedeihen nur bei natürlichen An­lagen. Zur Ausbüdung dieser führet aber nicht Zwang und finstere Strenge, sondern nur eine humane, liebevolle, aufmunternde Leitung. Wenn die Vorsteher der Stifte selbst wissenschaftlich gebüdete Männer, Freunde der 36) StHK 351 ZI. 1277/1813. 36a) Wie Anm. 36. 36b) Graf Saurau (1760—1832) war bereits unter Joseph H. im Staatsdienst tätig. Er wurde 1789 Stadthauptmann, alsbald Regierungspräsident in Wien sowie Finanz- und Polizeiminister. Von 1810 bis 1813 war er Landesstatthalter des Erzherzogtums Öster­reich unter der Enns sowie von 1817 bis 1831 Oberster Kanzler. Er wird als den Wis­senschaften sowie dem technischen Fortschritt aufgeschlossene Persönlichkeit und als einer der vorzüglichsten Minister des damaligen Österreich geschüdert. Siehe Wurz­bach BLÖ 28 (1874) 279ff.

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