Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 35. (1982)

WEILING, Franz: Die philosophische Lehranstalt in Brünn (1808–1849) und die österreichische Bildungspolitik jener Zeit. Ihre Bedeutung für die Entdeckertätigkeit Johann Gregor Mendels

124 Franz Weiling Wissenschaften sind, wird der Geist, der sie belebet, sehr bald auch auf ihre Unterge­benen wohlthätig einwirken. Überhaupt aber läßt sich die Cultur der in Frage stehenden Wissenschaften in Bezug auf die n. ö. Stifte aus folgenden zweyerlei Hauptansichten betrachten: a. in so ferne sie zur Emporbringung der mit einigen Stiften verbundenen Lehranstal­ten unentbehrlich sind, b. in so ferne sie zur eigenen freythätigen Ausbildung der Stiftsgeistlichen nützlich sind und in der praktischen Anwendung auf den Ackerbau, Landwirthschaft und überhaupt auf die Zweige der Landescultur den Wohlstand des Landes befördern kön­nen. Was nun den ersten Gesichtspunkt betrifft, so befinden sich unter allen Stiften in Nie- der-Österreich nur drey, nähmlich jene in Wiener Neustadt, Mölk und hier in Wien zu den Schotten, womit Gymnasial-Lehranstalten vereinigt sind. Philosophische Lehran­stalten . . . giebt es bei keinem n. ö. Stifte . . . Was ferner den zweyten Gesichtspunkt anbelangt, nämlich die eigene Ausbüdung der Stiftsgeistlichen, auch in solchen Stiften, mit welchen keine Lehranstalten verbunden sind, berufet sich Regierung auf ihren am Eingang ihres Gutachtens aufgestellten Grundsatz. Zur Aufmunterung derselben dürfte jedoch nach dem Erachten der Regie­rung vorzüglich dazu dienen: lstens wenn sämmtliche Stifte im Namen Sr. Majestät wiederholt zu einer eifrigen Cultivirung der Wissenschaften aufgefordert würden. 2tens wenn, so wie es z. B. mit den jährlichen Eingaben über die Studien der austre­tenden Schüler geschieht, jährliche Eingaben über die Fortschritte der Wissenschaft in den Stiften, über die Anschaffung neuer Apparate, Bücher u. s. w. zum höchsteigenen Gebrauche Sr. Majestät vorzulegen angeordnet würde. 3tens endlich, wenn jenen Stiftsvorstehern, welche sich durch eine Reihe von Jahren um die Wissenschaften, deren Studium und Beförderung der Wunsch Sr. Majestät ist, besonders verdient machen, auf eigenen Antrieb über Bericht der Behörde solche Aus­zeichnungen zu Theil würden, welche überhaupt dem persönlichen Verdienste zum Lohne gegeben zu werden pflegen“ 36c). Es hat den Anschein, daß dieses Gutachten, zu dem ein eigenes zustimmen­des, an die Studien-Hofkommission gerichtetes Votum der Vereinigten Hof­kanzlei vorliegt37), die späteren kaiserlichen Entscheidungen wesentlich mit­bestimmt hat. Erst Mitte des Jahres 1813 scheinen die Antworten aller Landesstellen Vorge­legen zu haben. Eine Übersichtstabelle gibt die wissenschaftlichen Fächer an, für deren Pflege sich in den fünf damaligen österreichischen Ländern (Österreich ob der Enns, Niederösterreich, Steiermark-Kärnten, Böhmen und Mähren) insgesamt 33 Ordensstifte bereit erklärt haben38). In dieser Tabelle ist das Altbrünner Stift lediglich mit der Pflege des Bibelstudiums und der altorientalischen Sprachen Arabisch, Syrisch und Chaldäisch aufgeführt. In diesem Zusammenhang wurde zwischen den Wiener Zentral- und den Landesbehörden die Frage eingehend diskutiert, wie die Stifte aufgemuntert und angehalten werden könnten, wissenschaftliche Fachbereiche zu pflegen sowie geeignete Mitglieder entsprechend ausbilden zu lassen. Im Dekret der Hofkanzlei vom 14. Februar 1811 war bereits festgelegt worden, daß Ordens­36c) Wie Anm. 36. 37) StHK 351 ZI. 632/1813. 38) StHK 351 ZI. 1277/1813 und 924/1814.

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