Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 35. (1982)

WEILING, Franz: Die philosophische Lehranstalt in Brünn (1808–1849) und die österreichische Bildungspolitik jener Zeit. Ihre Bedeutung für die Entdeckertätigkeit Johann Gregor Mendels

Die Philosophische Lehranstalt in Brünn (1808—1849) 121 Mendel es besuchte (1840-1843), Allgemeine Weltgeschichte, Naturgeschichte und Erziehungskunde. Der Donnerstag war jeweils vorlesungsfrei. Detail­lierte Bestimmungen regelten Zeit und Gegenstand der einzelnen Vorlesun­gen. Ab 1846 fanden an der Philosophischen Lehranstalt in Brünn auch au­ßerordentliche Vorlesungen über böhmische Sprache (zwei Stunden wöchent­lich, imentgeltlich) durch den Professor der Philologie und Geschichte P. Beda Dudik30) sowie gleichfalls außerordentliche Vorlesungen (zwei Stunden wöchentlich) über französische Sprache und Literatur durch den Altbrünner Augustiner Benedikt Fogler (1812-1886)31) statt. Auf Grund kaiserlicher Entscheidung vom 22. September 1846 wurde an der Lehranstalt auch eine Lehrkanzel für Verrechnungskunde eingerichtet und mit Regierungsrat Rie­ger von der Brünner Provinzial-Staatsbuchhaltung besetzt. Für dieses Fach waren fünf Stunden Vorlesungen je Woche vorgesehen32). III Die Errichtung einer Reihe von theologischen und philosophischen Lehran­stalten neben den damals bereits bestehenden Universitäten, Lyzeen und Hausstudien stellte den österreichischen Staat zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts vor erhebliche Personalprobleme. Diese ließen sich mit der Be­stimmung, daß die in dem jeweiligen Gebiet angesiedelten Ordensstifte die erforderlichen Lehrkräfte zu stellen hätten, allein nicht lösen33). künde 2 (Brünn 1870) 280ff; vgl. auch Franz Weiling Die Auseinandersetzung um die Wiederbesetzung des Lehrstuhles für Landwirtschaftslehre in Brno (Brünn) in den Jahren 1825 bis 1828 und ihr Zusammenhang mit der damaligen Schafzucht in Folia Mendeliana 11 (1976) 17-32. - Zur Einführung der Erziehungskunde siehe Anm. 24. 30) Wie Anm. 25. — Aus dem in diesem Zusammenhang erfolgten Bericht des Lan- desgouvemeurs von Brünn an die StHK vom 12. Februar 1846 geht hervor, daß damals in Brünn im Gegensatz zu Olmütz „noch keine Anstalt bestehe, sich diese Sprach- kenntniß zu erwerben“, obwohl sie für die in politische Ämter eintretenden Kandida­ten gefordert war. Den Kandidaten der Theologie wurde Unterricht in der böhmischen Sprache in zwei Abteilungen erteilt, den Anfängern durch einen kundigen Theologen, den Fortgeschrittenen durch den Vice-Direktor des Alumnates (wöchentlich eine Stunde). - Für den böhmischen Sprachunterricht an der Philosophischen Lehranstalt hatten sich bereits vor Stellung des Lehrantrages 60 Hörer gemeldet (StHK 373 ZI. 1584/1846). 31) StHK 373 ZI. 4035/1846 und 1568/1847. 32) StHK 373 ZI. 1747, 6959 und 8081/1846. 33) Für die Besetzung der neben den Universitäten und staatlichen Lyzeen beste­henden theologischen Lehranstalten und theologischen Hausstudien hatten die jeweili­gen Bischöfe und Ordensoberen selbst zu sorgen. Die Kandidaten dieser Lehrkanzeln hatten sich gleichfalls einer öffentlichen konkursartigen Prüfung zu stellen, deren Un­terlagen ebenfalls der StHK zur Entscheidung vorzulegen waren. Um 1820 stellte das Altbrünner Stift für die Theologische Lehranstalt in Brünn die beiden Professoren für neu- und alttestamentliche Exegese sowie die altorientalischen Sprachen Arabisch, Syrisch und Chaldäisch.

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