Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 35. (1982)

WEILING, Franz: Die philosophische Lehranstalt in Brünn (1808–1849) und die österreichische Bildungspolitik jener Zeit. Ihre Bedeutung für die Entdeckertätigkeit Johann Gregor Mendels

116 Franz Weiling stalt mit eigenen Ordensgeistlichen zu besetzen und welche Lehrkräfte in­zwischen ausgebildet worden seien. Die Stifte bejahten und meldeten am 10. April 1818, daß inzwischen zwei Mitgliedern an den Universitäten Wien bzw. Prag die Lehrbefähigung für die Fächer Mathematik bzw. Physik zuer­kannt worden sei. Fünf weitere Mitglieder hätten ihre Prüfungen am Lyzeum in Olmütz (Olomouc) abgelegt, zwei mit den Fächern Religion, zusätzlich Theoretische und praktische Philosophie resp. Mathematik, zwei für die Lehrfächer Allgemeine Geschichte und Griechische Philologie sowie schließ­lich einer ausschließlich für das Lehrfach Theoretische und praktische Philo­sophie. Darüber hinaus bereiteten sich fünf Kleriker neben dem theologi­schen Studium für eines der erforderlichen Lehrfächer vor, während einer der bereits approbierten Geistlichen sein Lehrfach Mathematik um das der Physik erweitere13 14). Erst IV2 Jahre später entschied die Studien-Hofkommis- sion mit Dekret vom 7. August 1819, daß die von den Stiften präsentierten Ordensgeistlichen ungeachtet ihrer bereits erworbenen Lehrbefähigung eine erneute „konkursartige“ Prüfung am Lyzeum in Olmütz abzulegen hätten. Die Fragen für die schriftliche Prüfung waren dem an den Statthalter in Brünn gerichteten Dekret sogleich beigefügt. Es wurde ferner bestimmt, daß die auf Grund der Prüfungsergebnisse für die Nachfolge der Professoren aus dem Piaristen- Orden ausgewählten Kandidaten im Altbrünn er Stift wohnen sollten15). Daß dieses Dekret erst so spät erfolgte, hatte seinen Grund in ei­nem Kompetenzstreit zwischen der Landesstelle Brünn und dem dortigen Bi­schof über die Weisungsbefugnisse der Landesstelle an den Studiendirektor der Philosophischen Lehranstalt16) und wohl auch darin, daß der Bischof ge­13) Schubert, der die Anstalt in den Jahren 1817 und 1818 besucht hatte, bewarb sich 1832 um die Zulassung zur konkursartigen Prüfung für das Lehramt Physik und angewandte Mathematik an der Philosophischen Lehranstalt in Brünn. Die Unterlagen der Mitte des Jahres 1832 an der Universität Prag durchgeführten Prüfung lagen dem Philosophischen Lyzeum Olmütz, dem Bischof von Brünn und der Universität Wien zur Stellungnahme vor. Am 22. Juni 1833 sprach die StHK die Lehrbefähigung aus: StHK 372 ZI. 2334/1832, ZI. 2906/1833; siehe auch Anm. 65. Schubert hieß später mit Ordensnamen Meinhard. 14) Berichte des Landesgouverneurs von Brünn 1819 März 4 und Juni 10 an die StHK: StHK 372 ZI. 1857 und ZI. 4181/1819. 15) StHK 372 ZI. 4181/1819. 16) Nach Eingang der Bereitwilligkeitserklärung der drei Äbte vom 10. Aprü 1818 hatte der Gouverneur den Studiendirektor der Philosophischen Lehranstalt, Domde­chant von Astheim, beauftragt, zu diesem Schreiben Stellung zu nehmen. Der Bischof sah in diesem Auftrag eine Beeinträchtigung seiner Rechte, da die Philosophische Lehranstalt auf Grund des kaiserlichen Handbülets vom 25. März 1802 ihm unmittel­bar unterstellt und der Studiendirektor von ihm ohne Zutun staatlicher Stellen als sein Stellvertreter eingesetzt sei, während die Landesstelle sich auf die staatlichen Be­stimmungen über die Pflichten von Studiendirektoren berief. Nach wiederholter ver­geblicher Aufforderung an den Studiendirektor legte der Landesstatthalter den Fall am 4. März 1819 der StHK zur Entscheidung vor, die mit Dekret vom 27. März 1819 zu Gunsten des Bischofs ausfiel: StHK 372 ZI. 1857/1819. - Später, in den 40er Jahren, stand die Statthalterei wiederholt in unmittelbarem Kontakt mit dem Studiendirektor der Brünner Anstalt.

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