Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 35. (1982)

WEILING, Franz: Die philosophische Lehranstalt in Brünn (1808–1849) und die österreichische Bildungspolitik jener Zeit. Ihre Bedeutung für die Entdeckertätigkeit Johann Gregor Mendels

Die Philosophische Lehranstalt in Brünn (1808-1849) 117 gen die Ablösung der erfolgreich tätigen Piaristen-Professoren war17). In sei­nem 26 Folio-Seiten starken Bericht vom 10. Juni 1819 über die in dieser Angelegenheit in Brünn durchgeführten Erhebungen führt der Statthalter eine Reihe von Gegenargumenten gegen die Auffassung des Bischofs an, spricht sich jedoch schließlich gleichfalls für die Beibehaltung des bisherigen Zustandes aus. - Die erwähnten Bestimmungen des Dekretes vom 7. August 1819 gehen vermutlich zum Teil auf die Einwände des Bischofs zurück: Die erneute Prüfung aller Kandidaten sollte die Möglichkeit geben, den aktuell Besten des jeweiligen Faches einzustellen18). Die Studien-Hofkommission führt überdies an, daß die Prüfungen der präsentierten Kandidaten bereits längere Zeit zurück lägen und diese in der Lehre bislang nicht tätig gewesen seien. Außerdem seien bei jenen Prüfungen zum Teil Lücken festgestellt worden, für deren Auffüllung Auflagen erteilt worden seien. Die Bestim­mung, im Altbrünner Stift zu wohnen, die einige Jahre später für die aus Raigem stammenden Geistlichen aufgehoben wurde19), sollte gewährleisten, daß die durchwegs noch jungen Professoren ihrem geistlichen Stand entspre­chend lebten. - Für die Vorbereitung wurde den Kandidaten eine Frist von drei Monaten gewährt, sodaß die schriftliche Prüfung in den wissenschaftli­chen Fächern erst am 25. November 1819 in Olmütz stattfand. Die Prüfung der Religionslehrer erfolgte vor der bischöflichen Behörde in Brünn. Die Prü­fungsarbeiten und Gutachten des Lyzeums in Olmütz wurden vom Statthal­ter in Brünn am 3. März 1820 an die Studien-Hofkommission weitergelei­tet20). Diese bestimmte für jedes der geprüften Fächer mehrere Professoren der Wiener Universität, denen die Arbeiten zur erneuten unabhängigen Beur­teilung vorgelegt wurden. Diese Beurteilungen sind uns für die beiden Kan­didaten der Allgemeinen Weltgeschichte und der Griechischen Philologie so­wie die der Theoretischen und praktischen Philosophie in den abschließen­17) Der Bischof wandte ein: 1. Bei den Piaristen-Professoren handle es sich um er­fahrene, untadelige Persönlichkeiten, die vorgeschlagenen Kandidaten seien hingegen noch jung und unerfahren; 2. Die Zahl der Studierenden der Anstalt steige unter der Leitung der Piaristen von Jahr zu Jahr; 3. Die Stifte besäßen in ihren Reihen im Ge­gensatz zu den Piaristen keine Persönlichkeiten, die den vorgesehenen Kandidaten hinsichtlich Unterrichtsmethodik und Vortrag als Vorbild dienen könnten; 4. Die Pia­risten-Professoren lebten gemäß Hofdekret vom 20. August 1808 (ZI. 18121) unter Lei­tung eines Vorstehers in Gemeinschaft. Dagegen sei es nicht ratsam, junge Stiftsgeist­liche ohne Aufsicht „auf eigene Faust“ leben zu lassen und ihnen überdies die wissen­schaftliche und moralische Büdung des künftigen Diözesanklerus anzuvertrauen; 5. Da die aus drei ganz verschiedenen Orden stammenden Stiftsgeistlichen nicht gut einem gemeinsamen Vorsteher unterstellt werden könnten, sei es wohl besser, mit der Übergabe der Phüosophischen Lehranstalt so lange zu warten, bis eines der drei Stifte imstande sei, alle fünf Lehrkanzeln mit eigenen Stiftsangehörigen zu besetzen. Siehe Bericht des Landesgouvemeurs von Brünn, 1819 Juni 10 (wie Anm. 14). 18) Die zusätzliche Prüfung war den Stiften entsprechend Dekret vom 6. Januar 1818 bereits in der Anfrage des Gouverneurs nach ihrer Bereitwilligkeit zur Über­nahme der Lehranstalt angekündigt worden. 19) St HK 372 ZI. 412/1828. 20) StHK 372 ZI. 4639/1820 auch für das Folgende.

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