Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 35. (1982)

LUTTENBERGER, Albrecht: Landfriedensbund und Reichsexekution. Friedenssicherung und Bündnispolitik 1552/1553

Landfriedensbund und Reichsexekution 3 Mächtigen und Mindermächtigen, zwischen König/Kaiser und Ständen her­zustellen und stabil zu halten. Wenn Seid trotzdem für einen Bund plädierte, so bewegte er sich damit durchaus in der Tradition habsburgischer Land­friedenspolitik, in der der Bundesgedanke seit langem eine zentrale Rolle spielte. Dies hing vor allem mit den Erfahrungen zusammen, die die habs­burgische Politik mit dem Schwäbischen Bund gemacht hatte. Als Landfrie­denseinung, d. h. zur Verhinderung von Gewaltanwendung zwischen den Mitgliedern, mit gegenseitiger Hilfsverpflichtung gegen Angriffe von außen und mit eigenen Institutionen zu friedlicher Konfliktregelung gegründet, hatte sich der Schwäbische Bund neben den zahlreichen, vor allem nach 1495 gegründeten, kleineren Bünden und älteren Erbeinungen in Ober­deutschland als wirksames Friedensinstrument bewährt und zumindest in dieser Region eine brauchbare stabüitätspolitische Alternative zur Kreisexe­kution dargestellt, und dies um so mehr, als der Bund 1512 von Maximilian in umfassender Weise zur Wahrung des Landfriedens ermächtigt worden war und daraus späterhin das Recht ableiten konnte, auch außerhalb seines ei­gentlichen Bereiches exekutiv tätig zu werden6). Der Bund hatte das über­greifende Friedensinteresse der Gesamtheit wahrgenommen und zugleich in seinem internen Entscheidungsverfahren den Mitgliedsständen eben jene Mitwirkungs- und Mitentscheidungsmöglichkeit in Exekutionsfragen formal gesichert, die die noch nicht erprobte Kreisordnung vorläufig nur in Aussicht stellte. Zudem hatte der Bund die Möglichkeit zum Zusammenspiel zwischen König/Kaiser und Mindermächtigen und zur Mobilisierung der königli- chen/kaiserlichen bzw. habsburgischen Klientel geboten und sich so als Zone intensiven habsburgischen Einflusses nutzen lassen. Die Kreisordnung von 1512 ließ dazu ebensowenig Raum wie die Exekutionsordnung des Reichsre­gimentes von 1522. So erklärt sich, daß die Regierung Karls V. jahrzehnte­lang trotz mehrfacher Fehlschläge ihrer Bemühungen einer hündischen Or­ganisation der Landfriedenssicherung den Vorzug vor einer Fortentwicklung der Kreisordnung gab. Die Attraktivität des Schwäbischen Bundesmodells war bekanntlich noch 1552/1553 ungebrochen. Vor diesem Hintergrund könnte die Option Selds für eine hündische Organisation der Landfriedenssi­cherung durchaus den Eindruck erwecken, als gehe es dabei lediglich um eine optimale Strategie zur Durchsetzung des habsburgischen Führungsan­spruches im Reich. Aber die Überlegungen des Reichsvizekanzlers bieten mehr. Sie handeln allgemein und grundsätzlich „de pace publica“. Sie bezie­hen ihre Plausibilität nicht aus der Abwägung spezifisch habsburgischer In­teressen im Reich, sie sind deshalb auch nicht auf eine bestimmte Bundes­konzeption zugeschnitten, sondern begründen die Zweckmäßigkeit des Bun- desprinzipes ausschließlich unter dem Aspekt der Effektivität ernsthafter Landfriedenspolitik. So vergegenwärtigen sie in einer allgemeinen Weise, daß 6) Vgl. Emst Bock Der Schwäbische Bund und seine Verfassungen 1488-1534. Ein Beitrag zur Geschichte der Zeit der Reichsreform (Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte A. F. 137, Neudruck Aalen 1968) passim. l*

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