Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 34. (1981)
RILL, Gerhard: Die Hannart-Affäre. Eine Vertrauenskrise in der Casa de Austria 1524
Die Hannart-Affäre 137 escriptz au moindre souldard d’Italy. Mais le gallant usoit de ces motz pour dormer facherie et regret audit sr. chancelier et par d’espoir le retenir en sa maison; ayant desjä led. Lalemand (pendant son absence) taiché de imprimer et mectre ung aultre aux afferes que n’y entendoit non plus que luy afin que puist le tout gouvemer .. (fol. 35 v-36 r). Lalemand bediente sich demzufolge nicht nur abwertender Worte hinter vorgehaltener Hand, er schreckte auch nicht davor zurück, in ein kaiserliches Schreiben eine sinnwidrige Aussage zu interpolieren. Ging es dabei noch um das Verhältnis zwischen Karl und Gattinara, so richteten sich Lalemands Intrigen bald auch gegen andere personelle Kombinationen, - und damit kommen wir zu dem entscheidenden Passus; „Led. Lalemand aussi sercha tous moyens de mectre maistre Jehan Hannart chev. vis- conte de Lombecre et baron de Likerke, lors premier secretaire et audiencier de S. M., en mallegrace dud. chancelier et feit tant qu’il eust une commission en Allemaigne, et craignant son retour taicha de faire tout plain de venues audit sr. visconte et de le mectre en malegrace de l’empereur et du roy son frere, dont depuis icelluy sr. visconte demeura pur et nect et en dit injure et vülenie aud. Lalemand lequel l’avalla sans con- tredict“ (fol. 36 v). Weitere Vorwürfe, die Perrenin erhob, betreffen Hochstapeleien (fol. 36 rv), Intrigen gegen andere Beamte, etwa Alonso de Valdés (fol. 36v-37 r), Privataffären etc. In den übrigen Teilen der Untersuchungsakten dominieren finanzielle Machenschaften und Betrügereien und hochverräterische Kontakte mit Frankreich (die diesbezüglichen Anschuldigungen sind allerdings sehr vage formuliert)234). Wiederholt ist auch von Privilegienfälschungen die Rede. Lalemand hatte demzufolge einem Untergebenen befohlen, durch Rasuren und Interpolation das Ausmaß der konzedierten Rechte zu erweitern, und sich dabei aller Kniffe des versierten Kanzleibeamten bedient. Schritt für Schritt wurden nun diese Vergehen rekonstruiert und der Delinquent immer mehr in die Enge getrieben. Als sein Leugnen aussichtslos geworden war, berief er sich auf Weisungen, — wovon ihm allerdings von Seite des Untersuchungsrichters dringendst abgeraten wurde, wolle er nicht eine Konfrontation mit dem Kaiser riskieren. Es zeigte sich jetzt auch, daß die Registrierung des interpolierten Privilegs erst nach der Verfälschung erfolgt war, - ,,lo quäl no podia el ignorar, specialmente syendo contrerelator“! (fol. 110 v)235). Die Anklagepunkte, es waren insgesamt 26, wurden schließlich sehr verschieden beurteilt236). Vom crimen laesae maiestatis wurde Lalemand freigesprochen, die hochverräterischen Beziehungen zu Frankreich hatten sich als unhaltbar erwiesen. Der Fälschung und Verfälschung von kaiserlichen Schreiben und Privilegien hingegen hatte man ihn überführt, der Verlust des Amtes, die Verbannung vom Hof und empfindliche Geldstrafen waren unausbleiblich. Die übrigen Punkte - Mißbrauch der Amtsgewalt, Unterschla234) Untersuchungsakten fol. 21r, 68rff, 103rff, Ulrff. 235) Zu Privilegienfälschungen bes. fol. Ir und UOrv. 236) Urteil fol. 140r-143r.