Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 34. (1981)

RILL, Gerhard: Die Hannart-Affäre. Eine Vertrauenskrise in der Casa de Austria 1524

Die Hannart-Affäre 127 1539 den Auftrag, den Magistrat von Gent zu reformieren. Am 21. Dezember dieses Jahres schließlich starb jener Mann, dem man einst die Verantwortung für eine geradezu selbstmörderische Intrige angelastet hatte172). Es würde somit angesichts der Vorkommnisse von 1524 und auch des durch­aus realistischen Erfolgs- und Besitzstrebens eines karrierebewußten Beam­ten jeder Logik widersprechen, diesem eine riskante und im Grunde sinnlose Verzweiflungstat zuzumuten. Als Fälscher der Instruktion hätte Hannart sein Ansehen und vielleicht auch sein Leben eingesetzt, - nur um sich an Ferdi­nand, weil ihm dieser die versprochene Pension nicht zahlte, oder an Sala­manca, gegen den er aus irgendwelchen Gründen feindschaftliche Gefühle hegte, zu rächen. Der Ausdruck Risiko gibt den Chancenstand nur unzurei­chend wieder: Bei nüchterner Überlegung muß jeder, auch wenn er in die Praxis der Hofintrige nur unzureichend eingeweiht war, zu der Berechnung im Stande gewesen sein, daß die Fälschung früher oder später - nämlich beim ersten Kontakt der Brüder Karl und Ferdinand - ruchbar werden und der Verdacht zuerst auf den mit der Mission Betrauten fallen müßte. So wenig also Hannart als Fälscher (oder auch nur als Auftraggeber der Fäl­schung) der Instruktion in Frage kommt, — der eigentlich Verantwortliche, sei es nun der Kaiser oder eine uns noch unbekannte Person, muß einiges von ihm gewußt haben. Wahrscheinlich war ihm (was den Kreis der Verdächtigen allerdings kaum einengt) Hannarts amtliche Ingerenz auf die Regierung der österreichischen Erblande bekannt, sicher aber wußte er um die Beziehungen des Orators zum Kurfürsten von Sachsen und um seine Abneigung gegenüber Salamanca. VH/2 Viel weniger als Hannart im Brennpunkt der Ereignisse, jedoch sehr aktiv in der Randzone zwischen offizieller Diplomatie und geheimem Kontaktieren bewegt sich der oft genannte Kammermeister Balthasar Wolff von Wolffs- thal. Die Beziehungen zum Haus Österreich reichen weit vor die Anfänge Ferdinands und auch vor die Karriere Wolffs zurück, sie wurden ihm ver­erbt. Der Vater, Heinrich Wolff, Angehöriger einer wohlhabenden, aus Nörd- lingen stammenden Familie, erscheint seit 1469 als Nürnberger Bürger, 1475 als Genannter, gehörte 1499—1502 dem Rat an und starb 1504. Seinen unge­wöhnlichen Reichtum - er zählt in der um 1500 entstandenen Scheurl’schen Liste neben Thumer und Schutz zur obersten Vermögensklasse, deren Jah­reseinkommen auf je 100.000 Gulden geschätzt wurde — verdankte er dem Kleider- und Gemüsehandel, Geldgeschäften und vor allem dem Metallhan­del173). Seine Zahlungskräftigkeit scheint die Aufmerksamkeit des stets 172) Daten nach der in Anm. 156 genannten Literatur. 173) Helmut Frh. Haller von Hallerstein Größe und Quellen des Vermögens von hundert Nürnberger Bürgern um 1500 in Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte Nürnbergs 1 (= Beiträge zur Geschichte und Kultur der Stadt Nürnberg 11/1, Nürn­

Next

/
Oldalképek
Tartalom