Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 33. (1980)
NEUHAUS, Helmut: Ferdinands I. Reichstagsplan 1534/35. Politische Meinungsumfrage im Kampf um die Reichsverfassung
34 Helmut Neuhaus samlung gemeiner richs stende furzunemen“82). Und auch Kursachsen sah „kamen bessern weg [...] dan deshalber mit gemainen Stenden ainen furder- lichen versamblungstag zuhalten“83), „zudeme das solchs gemaine Sachen weren und die Stende des Reichs zugleich belangen teten“84). Diese positive Einstellung des Kurfürsten, der an der Wahl Ferdinands 1531 nicht beteiligt gewesen war85), ist nach dem Vertrag von Kaaden durchaus verständlich und kann kaum überraschen, denn Kursachsen verfolgte ja seit dem 29. Juni 1534 eine Ergänzung der Goldenen Bulle von 1356, die den Fall einer Königswahl vivente imperatore berücksichtigte. Offenbar war es darüber bis Anfang Januar 1535 zu keiner Verständigung mit den übrigen Kurfürsten gekommen, denn der erwähnten Instruktion Albrechts von Mainz und Magdeburg und Georgs von Sachsen entnehmen wir, daß sie in Weimar vergeblich versucht hatten, vom sächsischen Kurfürsten „die gebetne erstreckhung der frist, so im Cadanischen vertrag zu erlangung der bewüligung der andern Churfur- sten über die Declaration Gulden Bullen seiner ku. Mt. waal sach belangendt beraumbt [Ostern 1535]“86), bewilligt zu bekommen. Kursachsen strebte an, daß diese Angelegenheit „auf negstkhumenden Reichstag, des sich sein Lieb in khurtz und noch für dem frueling versehen, soll zu Endt bracht werden“87). Wie ernst es ihm damit war, belegt nicht zuletzt auch die Mitteüung des Erzbischofs von Magdeburg und Kurfürsten von Mainz und des Herzogs Georg von Sachsen, daß sie vor Ankunft des königlichen Gesandten Joachim Maltzan bei ihnen durch den sächsischen Kurfürsten von der Absicht gehört hatten, „solhen obgedachten gemainen Reichstag, davon der Churfurst zu Sachsen meldung gethan, auf den khunftigen April gen Nurmberg auszuschreiben“88). Sein verfassungspolitisches Ziel suchte Johann Friedrich also gerade auf dem Reichstag zu erreichen, den der König anstrebte, um seine Wahl gänzlich aus der Diskussion herauszunehmen. 82) Ebenda fol. 7 5 r. 83) Ebenda fol. 45 v. 84) Ebenda fol. 47 v. 85) Dies trotz der Bemühungen der übrigen Kurfürsten im Wahlvertrag vom 30. November 1530: HHStA Mainzer Erzkanzlerarchiv (zit. MEA) Wahl- und Krönungsakten 3/A fol. 38r—42v. - Zur positiven Einstellung des Kurfürsten ist freüich anzumerken, daß vom 28. August 1534 - also zwei Monate nach Kaaden - ein Brief Johann Friedrichs aus Torgau an den König existiert, in dem er - wie wohl die Mehrheit unter den Schmalkaldenern - befürchtete, der Nürnberger Anstand werde „in einer künftigen Reichsversamblung wider uff[gehoben]“, und forderte, daß die Protestanten „ferner unverfolgt und beruerther fride in rue gelassen“ werden (HHStA RAig 6 [1534] fol. 50r-54v, hier fol. 52 r); ferner trat der Kurfürst für ein Konzil in Deutschland ein, distanzierte sich vom Täuferreich in Münster und berief sich für die Lösung der Religionsfrage nicht nur auf den Nürnberger Anstand, sondern auch auf seinen Vertrag mit König Ferdinand von Kaaden. 86) HHStA RK RTA 5 CIII fol. 89r; ebenso fol. 91r: „[. . .] so ist aus des Chur- fursten zu Sachsen gegebener Antwort der waal Sachen halber sovil zuvernemen, das seine liebden khain verrer erstreckhung nicht willigen will“. 87) Ebenda fol. 89 r. 88) Ebenda fol. 89v.