Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 33. (1980)

NEUHAUS, Helmut: Ferdinands I. Reichstagsplan 1534/35. Politische Meinungsumfrage im Kampf um die Reichsverfassung

Ferdinands I. Reichstagsplan 1534/35 29 König Ferdinand entsandten Räte47 *) führten sie unter verschiedenen Grün­den insbesondere an, „weil der aufgericht Fridstannd zu Nurmberg [...] auch der behandlt vertrag zum Ca- den, sovil die Religion sach belangt, nit lenger dann auf ain gemain Concilium oder ei­nen Reichstag angestellt, daz sich die Stende alda eins andern vergleichen werden, dardurch so paid ein Reichstag furgenommen, alle dieselben vertrag und der Friden, sonderlich bey denen, die dann sonst nicht gerne halten und zum angriff alberait ge- russt sein werden, z[er]rut und aufgehoben, furnemblich wo man sich ires gefallens nit mit inen vergleichen wolte oder khonte“ 4S). Sie befürchteten nach einem Reichstag in der gegenwärtigen Situation, „daz man von ferrer Vergleichung in der Religion sach zwischen denen, so der kir- chen anhangen, und denen, die sich evangelisch nennen, handlen mueß“49), und rechneten dann mit ,,ein[er] lange[n] spitzige[n] und weytleufige[n] handlung“, in der die „Lutterischen“ nicht zu binden sein werden, „sonder ein merers und iren willen werden haben wollen“50). Deshalb müßte, „ehe man zum Reichstag khume“, ein Konzil stattfinden, damit nicht „durch hal- tung des Reichstags der Friden, so die kay. Mt. hindter sich erlassen, aufge­hoben werd“51). Hinsichtlich der reichsrechtlichen Frage der Abhaltung eines Reichstages waren sich Albrecht von Mainz und Georg von Sachsen hier auch vollkom­men einig mit einem Haupt der Luther-Anhänger, mit Philipp von Hessen. Dieser formulierte im April 1535 in einer politisch zwar veränderten, aber bezüglich der Reichstagsfrage gleich gebliebenen Situation, er „habe aber darmit ein sondere meynunge, das der Reichstagk des Numbergischen stil- stands oder friedens halber furzunemen nit dienstlich, bevorab in dissen ge­schwinden leufften und Zeiten, dan derselb fride stee nit lenger dan bis zu einem Concüis oder dem nechsten Reichstag, so angesezt wurd, solte nu ein Reichstag vorgesezt werden und der fried zuvor kein andere mass oder weg haben“52). Unter den Antworten der Reichsstände, die zur Reichstagsfrage insgesamt ein differenzierteres Urteil abgaben, tauchen dieselben verfassungsrechtli­chen Bedenken auf. Ihre Analyse - dies sei vorweggenommen — führt zu dem Ergebnis, daß ein Reichstag im Zusammenhang mit der Religionsfrage von nahezu allen Befragten abgelehnt oder zumindest zu dem von Ferdinand vorgesehenen Zeitpunkt für verfrüht erachtet wurde. Als durchaus typisch kann hier die Antwort des Kurfürsten von der Pfalz betrachtet werden, der 47) HHStA RK RTA 5 CHI, fol. 89r—92 v, undatiert, aber mit Sicherheit Ende Janu­ar/Anfang Februar 1535 anzusetzen. 4S) Ebenda fol. 90 v. 49) Ebenda fol. 91v. 50) Ebenda fol. 91v-92r. 51) Ebenda fol, 92 r mit einer Anspielung auf den Sachverhalt, daß der Nürnberger Anstand von den Katholiken nicht im Sinne einer Zustimmung angenommen, sondern nur vom Kaiser einseitig verkündet worden sei. 52) Staatsarchiv Marburg/Lahn (zit. StA Marburg) Politisches Archiv des Landgra­fen Philipp des Großmütigen (zit. PAPh) 419 fol. 3rv.

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