Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 33. (1980)
NEUHAUS, Helmut: Ferdinands I. Reichstagsplan 1534/35. Politische Meinungsumfrage im Kampf um die Reichsverfassung
30 Helmut Neuhaus am 22. Januar 1535 von Heidelberg aus daran erinnerte53), daß Reichstagsabschiede in der Vergangenheit immer wieder ein Konzil gefordert und wie sich Kaiser KarlV. und König Ferdinand immer wieder beim Papst für die Abhaltung einer solchen Kirchenversammlung eingesetzt hätten. Deshalb schlug er vor, weil „noch nitt anderst oder nützlicher zubedenckhen oder zuverpes- sern“, daß „denselbigen richs abschieden in dem falle nochmals sovil tauglichen nachgangen“54) werden soll, damit sich Kaiser und König weiter beim Papst für ein Generalkonzil verwenden oder „zum wenigsten“ zu erreichen suchen, daß „in teutschen landen ein National Concilium ußgeschrieben“ werde55). Einen Reichstag sah Kurpfalz „für hoch noth und nutzs“ an, gab aber zu bedenken, „wo also ein versamlunge im heyligen reiche dieser zeit furgenumen werden solte, das dadurch der fridt oder stillstandt, so in Sachen unsern heyligen glauben und die religion belangen dt, jungst zu Nurmberg [. ..] ufgericht, der auch bißher [...] nit unfruchtbar erschaffen, darzu nit allwege widderumb leichtlichen zuerheben sein mage, gefellet und umbge- stossen werden“56) darf; ein Reichstag könnte hier „mehr zu Weitherunge, ufrur und Widerwertigkheit, dan zu einich friden oder gute im heiligen reiche gedeyhen“S7). Gleichfalls in Kenntnis des „jungst bewilligt usgangen Rho. kay. Mt. fridliche[n] Anstand[s] zu Abstellung aller unruen und empö- rung im Reich“58) sorgte sich am 21. Januar 1535 Pfalzgraf Friedrich, „wo diese ding [Religionsstreit und Konzil] erst widerumb auf ainem Reichstag zehandlen und zuörtern wolten understanden werden, das sy wievor nit al- laine on frucht zergeen, sonder villeicht die stende gegeneinander etwas ver- pitterter und hessiger gemacht“59). Ohne den Nürnberger Anstand als Hinderungsgrund für einen Reichstag zu bemühen, sprachen sich die Herzoge Wilhelm und Ludwig von Bayern bereits am 24. Dezember 1534 aus Ingolstadt60) - ihre Stellungnahme ist die erste, die König Ferdinand überhaupt erreichte - gegen eine Reichsversammlung aus: Sie konnten „kainswegs raten [...], das auf dem Reichstag, so fur- genomen werden soll, ainich meldung der religion sach beschehe, es sey dann zuvor durch die Bapstlich heiligkait und kay. Mt. ain gemain oder National Concili außgeschriben, dann ausserhalb dess ist nit zugedenckhen noch zuer53) HHStA RK RTA 5 CIII fol. 74r—77v. - Ähnlich äußerten sich u. a. auch Kurbrandenburg (ebenda fol. 6r-9r, 132r), Pfalzgraf Friedrich, Herzog in Bayern (fol. llr—13v, 134r), der Herzog von Jülich (fol. 135v), die Reichsstädte Überlingen und Memmingen (fol. 21rv und 23 r). 54) Ebenda fol. 74v. 55) Ebenda fol. 75r. 56) Ebenda fol. 75rv. 57) Ebenda fol. 75 v. — Vgl. zur kurpfälzischen Stellungnahme auch den Axiszug ebenda fol. 13 lv. 58) Ebenda fol. 17 r. 59) Ebenda fol. 16v; die ganze Stellungnahme fol. 16r-20r. 60) Ebenda fol. 2 r-3 v.