Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 33. (1980)
SPRINGER, Elisabeth: Kaiser Rudolf II., Papst Clemens VIII. und die bosnischen Christen. Taten und Untaten des Cavaliere Francesco Antonio Bertucci in kaiserlichen Diensten in den Jahren 1594–1602
104 Elisabeth Springer ist es kein Wunder, das Bertucci bei der einen Hofstelle auftrumpfen konnte, während er bei einer anderen schon stark in Verruf geraten war. Es ist immerhin erwähnenswert, daß der Adressat seines Briefes, Barvitius, seinerzeit ein guter Freund von Bertuccis Gönner, Leonhard von Harrach, gewesen war139). Der kaiserliche Antrag an den Malteser-Großmeister, das vakante Priorat Ungarn mit der Person Bertuccis zu besetzen, wurde noch im Konzept aufgesetzt. Anstatt der endgültigen Ausfertigung erhielt das Stück jedoch unter dem Datum des 24. Mai 1601 von der Hand Barvitius’ den Vermerk „non fuerunt expedita“140). Bei der Hofkammer hatte Bertucci im Februar oder März 1599 eine neuerliche Rechnung vorgelegt: für ausgestandenes Risiko in den Händen der Türken 2400 fl. für Unterstützung des Unternehmens Clissa mit 300 Soldaten und deren Unterhalt 2000 fl. für Verpflegung von zwei Bosniern durch zwei Jahre 600 fl. seine vom Kaiser bewilligte Pension von 60 fl. monatlich durch 35 Monate 2100 fl. macht in Summa 7100 fl.141). Die Behörden stellten nun in den Registraturen des Hofzahlamtes, der Reichskanzlei und des Geheimen Rates Nachforschungen an, was der Kaiser ihm versprochen und was er wirklich bekommen habe142). Da Bertuccis Forderungen aber erheblich höher waren, wurde er im Oktober 1601 von der Hofbuchhaltung in Prag mündlich vernommen, wobei sich herausstellte, daß er überhaupt keine finanziellen Ansprüche mehr zu stellen hatte143). Bertucci fühlte sich dadurch offenbar tief gekränkt; er versuchte noch des öfteren, mit seinen Absichten durchzudringen, und sprach bei einflußreichen Hofleuten in Prag vor. Im Februar oder März 1602 kam es zu einer unerfreulichen Szene auf der „Ritterstube“ in Prag. Bertucci beschimpfte Dr. Bartholomäus Pezzen, mit dem er von seinen Kriegszügen in Ungarn her nur zu gut bekannt war; er nannte ihn „traditore, cane, nemico di Dio“. Die ganze Sache kam vor den Reichshofrat; Pezzen verlangte, Bertucci müsse zur Strafe in einen tiefen Turm geschlossen werden, bis man seine Angelegenheit 139) Im AVA FA Harrach 717 fol. 1-60 Briefe Barvitius’. Leonhard von Harrach starb 1597: Harrach Rohrau 63. 14°) HHStA StA Malta 1 (1601). 141) HHStA österreichische Akten Niederösterreich 9 fol. 131. 142) Ebenda fol. 120f, 133-153; HKA Hoffinanz 527 R (Prag) fol. 20v (1599 Februar) und 539 E (Prag) fol. 522 f (1601 Oktober). 143) Bericht der Hofbuchhaltung 1601 Oktober 30: HHStA österreichiche Akten Niederösterreich 9 fol. 120f. Die Abrechnung der Hofkammer mit Bertucci und den nach Prag gekommenen Dalmatinern wird in Bd. 34 (1981) der MÖStA besprochen werden.