Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 31. (1978) - Festschrift für Richard Blaas
Anna Hedwig BENNA: Die Republik Österreich und Sancta Maria de Anima in Rom (1918-1938)
Österreich und Sancta Maria de Anima 473 chen Vorgesetzten, dem Kardinalprotektor, zu erstatten sei. Das Institut diene keinem außeritalienischen staatlichen Zweck67). Botschafter Schönburg-Hartenstein, der alle ihm zu Gebote stehenden Mittel und Möglichkeiten zur Abwendung der Gefahr einer Zwangsverwaltung der Anima ausschöpfte, erreichte durch den Nuntius in München Mgr. Eugenio Pacelli und den päpstlichen Agenten in Bern Mgr. Luigi Maglione eine Intervention des Hl. Stuhles bei der italienischen Regierung zu Gunsten der Anima mit dem Erfolg, daß die geplante Maßnahme unterblieb68). Unabhängig von den Bemühungen der beiden päpstlichen Diplomaten hatten die österreichischen Kardinäle Piffl und Skrbensky den Hl. Vater um Schutz für die von der Zwangsverwaltung bedrohten Institute Anima und Campo santo gebeten69). Nach dem Ende des Krieges schien die Anima neuerlich im November 1918 von einer italienischen Sequestrierung bedroht70). Die geistliche Ordnung der Anima war nach dem Ende des Ersten Weltkrieges voll intakt. 1920 wurde das Priesterkolleg wieder eröffnet71). Als Kardinalprotektor fungierte der 1907 von Pius X. auf Ersuchen Kaiser Franz Josephs ernannte Kardinal Raffaelo Merry del Val72), der Sohn eines spanischen Diplomaten und einer Engländerin, der aus der Schule Rampollas kam und als „giovane“ das Vertrauen Pius’ X. gewann, so daß dieser ihn 1903 zu seinem Staatssekretär machte und zum Kardinal kreierte73). Von seiten Österreich-Ungarns war er zwar 1903 als Nuntius in Wien nicht in Erwägung gezogen worden74), trotz seiner scharfen Ablehnung der kaiserlichen 67) HHStA PA I 741 (Generalia XUO R Anima): Rektor Maximilian Brenner an Ministerium des Äußern, 1918 Juni 4 Wien. Vermerk: „Di P(auli) Mgr. Brenner erst zu ersuchen, herzukommen (V(idi) Cz(ernin)“. Brenner meinte in diesem Memorandum, im Falle eines Sequesters sei ein Protest Belgiens und auch Hollands zu erwarten. Allerdings könnte die Situation von den beiden Staaten benützt werden, um die eigenen Ansprüche auf die Institute Anima und Campo santo zu erhöhen. Schon deswegen wäre es wichtig, die drohende Sequestrierung zu verhindern. 6S) HHStA Ges. A. Rom V. V 10-11 (Konv. Privatbriefe und Notizen Schönburg- Hartenstein an Schwendt): 1918 Juni 25; Nuntius Eugenio Pacelli an Schönburg-Har- tenstein, 1918 August 11 München; Mgr. Luigi Maglione an Schönburg Hartenstein, 1918 August 5 Bern; Rom V. ZI. 79 D, 1918 August 23 St. Moritz (Konz.). 69) HHStA NPA 319: Kardinal Piffl an Unterstaatssekretär für Kultus Miklas, 1919 Juli 17 (Abschr.) als Beilage zu Note Miklas’ an Deutschösterr. Staatsamt für Äußeres ZI. 1930 k, 1919 Juli 26. 70) HHStA Ges. A. Rom V. V 9: Telegramm Palffys aus Bem, 1918 November 24; Telegramm nach Bern an Palffy, 1918 November 25. 71) Weinbacher Aus der Chronik 133. 72) Lenzenweger Sancta Maria de Anima 102; dsbe in MÖStA 13 331. Zu Raffaelo Merry del Val (1865-1930) vgl. Viktor von Hettlingen Raffael Kardinal Merry del Val (Einsiedeln 1938). 73) Pastor Tagebücher 421 Anm. 30, 490, 590, 696: Engel-Janosi Österreich und der Vatikan 2 49. 74) Ebenda 89; Richard Schober Belmonte und Aehrenthal. Österreichisch-vatikanische Beziehungen im Schatten der Wahrmundaffäre in MÖStA 24 (1974) 304 Anm. 37.