Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 31. (1978) - Festschrift für Richard Blaas
Georg WACHA: Italienische Zinngießer nördlich der Alpen
114 Georg Wacha Blasius Zampone den Markgrafen von Baden, ihnen das Umgießen des Zinns bei der fürstlichen Hofhaltung zukommen zu lassen, da in Karlsruhe noch kein bürgerlicher Zinngießer ansässig wäre (H. 5 1336). Was die Zinngießer sonst herstellten, ist schwer zu erschließen. Selbstverständlich waren es in erster Linie Löffel, und man hat sie danach mit dem Spottnamen „Katzelmacher“ belegt, was von den Katzen, einer Bezeichnung für Löffel, herkommen soll47). Das Löffelgießen blieb jedenfalls Ausweg für manchen, der seine Ausbüdung beim Handwerk nicht abgeschlossen hatte. Jürgen Metzker arbeitete zuerst in seiner Vaterstadt Stolp (er war der Sohn eines Zinngießermeisters), dann in Kolberg, wo er 1639 die Erlaubnis erhielt, zinnerne Löffel zu gießen und altes Zinngut zu flicken (H. 3 1281). Johann Christian Schwebs, geboren 1770, war ab 1808 in Malchow in Mecklenburg tätig, wo er Löffel und Lampen goß, war nicht Meister geworden, da er als Geselle Soldat werden mußte (H. 3 1559). Die Verordnungen gegen den Handel mit Zinn und Löffeln reichen von der Nordsee bis in den österreichischen Raum. Am 1. Juli 1636 wurde z. B. der zwölfte Artikel der Emder Amtsrolle von 1595 in einen besonderen Amtsschluß präzisiert. Er richtet sich gegen alle, die „mit tin oder lepels“ handeln; zwar werden nicht ausdrücklich die Italiener genannt, doch richtet sich die Beschwerde sicher so wie im 18. Jahrhundert gegen die hausierenden italienischen Zinngießer48). Eine anschauliche Schüderung verdankt man dem Osnabrücker Staatsmann und Geschichtsschreiber Justus Möser: „Der westfälische Kreis muß sich schämen, wenn er an die Art und Weise gedenkt, wie er sich von einigen Frankfurter Kaufleuten mit dem Zinn behandeln läßt. Die Wilden in Amerika werden nicht so arg mit gläsernen Korallen, Spiegeln und Puppenzeug als wir mit dem Zinne um unser gutes Geld betrogen. Die Italiener, Tiroler, Bayern, Schwaben und Franken, welche unsre Gegenden mit allerhand ungeprobten Waren belaufen, versorgen sich alle in Frankfurt, und dort arbeitet man für das platte Land im westfälischen Kreise wie für die Hottentotten. Das Pfund Zinn, was die Tiroler den Landleuten aufhängen, hält über drei Viertel Blei; und da ist es kein Wunder, daß die Zinngießer in den Städten, die Gewissen und Ehre haben, gegen eine solche Ware keinen Markt halten können. Der Engländer ist noch großmütig mit uns umgegangen, da er uns die englische Zinnarbeit entzogen. Er hat das rohe Zinn fast so hoch im Preise als das verarbeitete gehalten und uns dadurch außer Stand gesetzt, es so wohlfeil zu verarbeiten, als er es uns durch die allzeit fertigen Bremer zuschickt“49). 47) Mais Die „Katzelmacher“ 47 will den Katzelmacher als „Hersteller von Geschirr aus Metall zum Schöpfen von Flüssigkeiten“ oder „Hersteller von Löffeln und Zimenten aus Metall“ erklären. Da z. B. in Forno von der Bevölkerung in Heimindustrie auch hölzerne Löffel geschnitzt wurden, wäre es sinnvoller, Katzelmacher einfach als „Löffelhersteller“ zu übersetzen, sagt doch Mais selbst, ital. „cazza“ bedeute „Rührlöffel“, „Schöpfkelle“. Sieht man die großen Löffel an, wie sie die schon bodenständig gewordenen Zinngießer italienischer Herkunft noch im 19. Jahrhundert anfertigten, wird diese Auslegung einleuchten. 48) Theodor Kohlmann Zinngießerhandwerk und Zinngerät in Oldenburg, Ostfriesland und Osnabrück (1600-1900) (Schriften zur niederdeutschen Volkskunde 5, Göttingen 1972) 77 nach Stadtarchiv Emden, Handschrift 44. Pieper-Lippe Zinn im südlichen Westfalen 44 bringt ein Verbot des Soester Krameramtes vom 8. Februar 1667 gegen einen „fremden man auß Sachsen bürtig, zinnerne Löffel zu gießen und den bürgern zu verkaufen“, doch wird dies vom Magistrat erlaubt. 49) Justus Möser Patriotische Phantasien I, bearb. von L. Schirmeyer (Sämtliche