Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 31. (1978) - Festschrift für Richard Blaas

Georg WACHA: Italienische Zinngießer nördlich der Alpen

Italienische Zinngießer nördlich der Alpen 113 Auch in der Schweiz ist ein Vorgehen gegen italienische Konkurrenten nachweisbar. Als sich 1643 in Liestal ein Mailänder Kannengießer niederlassen wollte, der dort sein Handwerk betrieb und auch einen offenen Laden besaß, forderten die Basler den Rat von Liestal auf, dagegen vorzugehen und den mailändischen Zinngießer abzuschaffen (H. 7 2096). Der Zinngießer Jacob Böhm aus Ravensburg beklagt sich zusammen mit den Lindauer Meistern Simon Schnell und Alexius Egger im Jänner 1667 über die welschen und an­deren Hausierer, „die sich für Zinngießer ausgeben, aber rechte Betrüger und Bleigie­ßer sind“ (H. 6 185, 188, 991). Im Jahre 1709 wird in Hannover den „fagierenden Stöhrem des Kannengießerhand­werks“ jede Tätigkeit verboten, 1768 wurden die Frankfurter Zinngießer gegen kon­kurrierende Italiener tätlich und verbeulten auf offener Straße deren Zirm waren43). Auch die Bergische Landesregierung erließ Verordnungen gegen die italienischen Zinngießer44). Ein Erlaß der obderennsischen Landeshauptmannschaft vom 23. August 1766 verbot den „die Zinngießerei unberechtigt exerziren wollenden Vaganten“, insbesondere den italienischen Wandergießern, die Arbeit im Herumziehen, wodurch die heimischen Gießer in ihrem „ohnehin der Zeit nicht beträchtlichen Gewerbe“ geschmälert wür­den; die Obrigkeiten hätten zunächst mit Abschaffung, bei Rückfall mit Einziehung des Werkzeugs vorzugehen, was übrigens auch die heimischen Zinngießer als Selbst­hilfe vornehmen durften. In Krems wurden 1763 einem Zinngießer aus Piemont das gesamte Werkzeug und die Kleider abgenommen, 1783 schritt der dortige Zinngießer Johann Stolz gegen einen Welschen ein und zeigte ihn wegen „hausiren“ und „zinn­pfuschen“ an45). Gerade das Umgießen von altem Zinn bedeutete eine große Schwierigkeit für die Qualitätskontrolle. Hierüber enthalten die verschiedenen Zinngießerord­nungen strenge Bestimmungen. Nur der befugte Meister durfte, je nach dem Mischungsgrad des alten Zinns, neues Zinngerät hersteilen. Daß man solche Reparaturen nicht nur italienischen Zinngießem zuschreiben muß, zeigt eine Entscheidung Erzherzog Ferdinands vom 14. August 1524, wonach er Meister Peter, Zinngießer und Bürger in Spitz an der Donau, da dieser an dem klei­nen Ort mit seinem Handwerk sich schwerlich ernähren könne, die Erlaubnis gibt, in Städten, Märkten und Dörfern der österreichischen Erblande, wo keine Zinngießer ansässig sind, an Markttagen Zinnsachen zu verkaufen und alte Zinngeräte zu erneuern (H. 7 1325). In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß der im Hochstift Pa­derborn tätige Ambrosius Montini 1760 direkt als „Zinnumbgießer“ bezeich­net wird46). Dieses Umgießen war natürlich für die wandernden Zinngießer eine besonders gesuchte Beschäftigung. 1725 bitten Pietro Pia und Johann nands III. vom 21. März 1639 richtete sich gegen Stümper und Störer: Friedrich Wai- dacher Zinngießer in der Steiermark in Das steirische Handwerk 1: Handbuch (Graz 1970) 209ff. 43) Hanns-Ulrich Haedeke Zinn (Leipzig 1973) 209. 44) Egon Viebahn Bergisches Zinn (Wuppertal 1972) 15. 45) Gustav Brachmann Das Zinngießerhandwerk in Freystadt in Der Heimat­gau 1 (Linz 1938/39) 133; Ernst Englisch Zinn im Katalog 1000 Jahre Kunst in Krems (Krems 1971) 351. 46) Margarete Pieper-Lippe Zinn im südlichen Westfalen bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts in Westfalen Sonderheft 19 (Münster 1974) 90. Mitteilungen, Band 31 8

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