Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 30. (1977)

WEINZIERL, Michael: Das Commonwealth vom Aufstand der Presbyterianer bis zum 2. Staatsstreich der Armee 1659

16 Michael Weinzierl läge von Religion, Freiheit und Eigentum beklagt“ und die Gefahr einer ,gemeinen schismatischen Partei“ beschworen80). Die presbyterianischen Pastoren wählten für den Vortag des Aufstandes einen konvenierenden gemeinsamen Predigttext: ,Fluchet der Stadt Meroz, sprach der Engel des Herrn; fluchet ihren Bürgern, daß sie nicht kamen dem Herrn zu Hilfe ...“ (Richter 5,23). Nach Ansicht dieser Pastoren brauchte Gott Hilfe gegen Fifth Monarchy-Men, Baptisten und besonders gegen die Quäker. Die bereits erwähnte Angst vor den Sekten wurde geschickt ausgenützt; da­bei ging es jedoch weniger um die Bekämpfung von „Schismatikern“ als um die Träger gefährlicher sozialer Reformvorstellungen; Presbyteria­nismus dieser Prägung war weniger eine christliche Denomination, die ein bestimmtes Dogma verteidigte, als eine lose Organisation zur Verteidi­gung der gesellschaftlichen Ordnungsvorstellungen der ehemals konserva­tiveren Parlamentsanhänger. Die Propaganda gegen die Sekten war so erfolgreich, daß später gefangene Anhänger Booths glaubwürdig versi­cherten, sie hätten sich lediglich gegen einen Quäkeraufstand verteidi­gen wollen 81). Booth führte seinen Aufstand mit der Parole ,für ein freies Parlament“ durch. In einer anderen Flugschrift, An Express ... from ... Sir George Booth, heißt es dazu: „Our voice is, and it is no other than the voice and the consent of the people, A New Free Parliament; it is the Englishman’s birthright, which we are resol­ved to put the people in possession“ 82). In diesem Pamphlet wird der Wunsch nach einer unverzüglichen freien Wahl eines freien Parlaments“ geäußert83). Die Forderung nach einem „freien Parlament“ war sehr geschickt gewählt; denn die Verschwommenheit des Begriffes erlaubte verschiedene Inter­pretationen: Das Postulat eines „freien Parlamentes“ implizierte die „Un­freiheit“ des Rumpfes, der unter dem beständigen Druck der Armee stand. Es konnte die Zulassung der durch Pride’s Purge ausgeschlossenen Parla­mentarier oder eine Neuwahl ohne die bestehenden Wahlrechtsbeschrän­kungen aus politischen Gründen bedeuten. Gelegentlich kann man in der Forderung ein schwaches Echo der Forderungen der Leveller nach weitest­gehender Ausdehnung des Wahlrechts84) hören. Doch sowohl den ein­fachen Lehrlingen als unbeteiligten Beobachtern war klar, daß der Slogan „ein freies Parlament“ letztlich die Restauration der Monarchie bedeutete. so) British Museum (abgekürzt BM) 669 fol. 21 (66) [a n o n.] A letter from Sir George Booth to a friend of his. 81) Clarendon State Papers 4 376; BL MS. Clarendon 64 fol. 339 f. Der Groß­teil der Vernehmungsprotokolle der Anhänger Booths befindet sich nicht im PRO, sondern in den Clarendon MS. in der Bodleian Library, Oxford. 82) BM 669 fol. 21 (68) [anon.] An Express from the Knights and Gent­lemen now engaged with Sir George Booth (August 9). 83) Ebenda. 83) Vgl Weinzierl Republikanische Politik Kap. 7.

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