Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)
LAUBACH, Ernst: Karl V., Ferdinand I. und die Nachfolge im Reich
26 Ernst Laubach zu einer Wahl, so könne sie doch nur auf einen ihrer Feinde fallen. Daraus könnten für ihr Haus katastrophale Gefahren erwachsen: Er selbst bliebe im Falle eines Türkenangriffs ohne Hilfe, und wenn dann auch noch der Krieg mit Frankreich wieder ausbräche, wäre Karl in einem feindlichen Italien eingeschlossen, sie hätten Frankreich und den Gegenkönig („contraire roy des Romains“) im rebellierenden Deutschland als Gegner, viele ihrer jetzigen Parteigänger würden von ihnen abfallen, so daß sie in eine finanziell und militärisch hoffnungslose Lage geraten würden. Man kann hier wieder fragen, ob Ferdinand und seine Berater in zu dunklen Farben malten, um zu verhindern, daß Karl die Prioritäten wieder anders setzte. Wohl hatten Merklins Sondierungen die Betriebsamkeit der Gegner der Wahl Ferdinands gesteigert, zumal sein Streben nach der Krone ja längst ein offenes Geheimnis war m). Doch waren ihre Pläne nicht koordiniert132), und ob den Urhebern die politischen und reichsrechtlichen Implikationen klar waren, sei dahingestellt. Bei ihnen allen ist als gemeinsames Motiv erkennbar, die bei der Erhebung Ferdinands voraussehbare weitere Befestigung der habsburgischen Macht zu verhindern, zumal sie hinter dem Projekt die Absicht vermuteten, die Erblichkeit des Hauses Österreich in der Kaiserwürde zu konstituieren133). Karl, der in seiner Wahlkapitulation beschworen hatte, das Wahlrecht der Kurfürsten nicht durch Streben nach erblicher Nachfolge beeinträchtigen zu wollen 134), hat ausdrücklich bestritten, daß in der Nominierung Ferdinands ein solcher Versuch zu sehen sei, und angeboten, er und Ferdinand wollten schriftliche Erklärungen dazu abgeben 135). Die Protestanten fürchteten Ferdinands Erhöhung außerdem, weil sie von ihm eine unnachsichtige Haltung in der Religionsfrage erwarten zu müssen glaubten. Während aber Kursachsen erwog, ob man nicht Karl durch Vorstellungen, wie abträglich es seiner eigenen Autorität im Reich sein werde, wenn neben ihm Ferdinand als König fungiere, zum Auf geben des Wahlprojektes bewegen könne, und die Wahl eines anderen mehr als letzten Ausweg betrachtet zu haben scheint136), ist bei Bayern und Frankreich die Schwächung der Position Karls durch Wahl eines anderen Königs ausdrücklich an visiertes Ziel137). Eigener Ehrgeiz nach der Krone ist nur für die Bayern erwieisi) Zahlreiche Belege in RTA 7. 132) So auch Kühn Speyrer Reichstag 124 f. 133) RTA 7 51 und 482 Anm. 1; Friedensburg Reichstag zu Speier 518; Georg Mentz Johann Friedrich der Großmütige 1 (Jena 1903) 109; RTA 8, bearb. von Wolfgang S t e g 1 i c h (Göttingen 1970) 1080. 134) § 30 der Zählung in RTA 1 874 f. iss) Instruktionsentwurf an Trier (siehe Anm. 88). 136) vgl, die Denkschrift des Kurprinzen vom Februar 1529 bei Mentz Johann Friedrich 1 102—110, bes. 105 (Korrekturen in RTA 7 1101 f), und die kursächsische Instruktion für eine Gesandtschaft zum Kaiser in RTA 7 518 Anm. 1 (dazu Kühn Speyrer Reichstag 123 Anm. 1). 137) Dazu Ri e zier Baiern 4 204; Friedensburg Reichstag zu Speier