Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)

SCHOBER, Richard: Die Tiroler Konservativen in der Ära Taaffe

Die Tiroler Konservativen in der Ära Taafie 271 berg konnte jedoch eine Milderung der Formulierung erreichen, und auch die Debatte im Landtag wurde relativ ruhig abgewickelt47). Der Antrag, den Johann Rapp am 29. September einbrachte, forderte aus­drücklich die konfessionelle Schule und die Regelung der Rechtsverhält­nisse der Lehrer durch das autonome Land. Bis zur Sanktionierung des Gesetzes sollte im administrativen Wege dafür gesorgt werden, daß die Zustände für die Konservativen erträglicher gestaltet würden. Der Aus­schußbeschluß der liberalen Minderheit hingegen verlangte nur die oben erwähnten technischen Verwaltungsgesetze 48). Damit forderten die Libe­ralen, die erbittersten Gegner der Regierung Taaffe, gerade das, was die­ses Ministerium in Tirol erreichen wollte, während die Konservativen, die der Regierungsmajorität in Wien angehörten, die Regierung in Ver­legenheit brachten. Durch die Junktimierung des strittigen Schulaufsichtsgesetzes mit den für die Verwaltung und die Stellung der Lehrer notwendigen technischen Ge­setzen schadeten sich die Konservativen bei ihren Anhängern in der Leh­rerschaft sehr. Am 12. Oktober konstituierte sich in Innsbruck der „Tiroler Lehrerverein“, dessen Entstehung ursächlich mit dem Verhalten der Land­tagsmajorität in der Schulfrage zusammenhing. Die Lehrer warfen den Konservativen vor, daß diese sie weiterhin den Gemeinden auslieferten und verlangten, daß die christliche Nächstenliebe nicht nur im Bereich der Prinzipien existiere, sondern auch in die Tat umgesetzt werde. Die Reso­lution der konstituierenden Versammlung wandte sich offen gegen eine Schulpolitik, die ihre Wünsche außer acht ließ49). Und eine Resolution solchen Inhaltes billigten auch zahlreiche konservativ gesinnte Lehrer, — eine wahrlich heikle Situation, aus der heraus die Neuen Tiroler Stimmen „das Mitgliederverzeichnis des Landeslehrervereines ... als eine Proskrip­tionsliste“ bezeichnen konnten 50). Trotz dieser eindeutig ablehnenden Hal­tung der Lehrer beeilten sich die Konservativen im nächsten Landtag, durch Johann Rapp den gleichen Schulantrag wie im Vorjahr einzubringen, der jedoch ebensowenig Eindruck auf die Regierung machte wie sein Vor­läufer im Jahre 1881 51). Sebastian Glatz verlangte im Landtag in einer zweiten Aktion zwar erneut die konfessionelle Schule, doch wurde dieser Antrag von der Regierung noch weniger ernst genommen. Taaffe sah als Motiv für diesen Schritt der Konservativen weniger das Streben nach einem eventuellen Erfolg als den Wunsch der Konservativen an, ihren Wählern die Kontinuität ihrer Schulforderungen vor Augen zu füh­ren 52). «) Ebenda 3850 ad 3/1: Statthalter an MCU, 1881 Oktober 13. 48) Stenographische Berichte des Landtages für die gefürstete Grafschaft Tirol (= Sten. Ber. TL) V/4/15, 1881 September 29. 49) Ott Geschichte Tirols 3 934 f. 5“) Neue Tiroler Stimmen 1881 Oktober 20. st) Sten. Ber. TL V/5/12, 1882 Juli 15. 52) TLA Statth. Präs. 2407 ad 3/1: Statthalter an MCU, 1882 September 3.

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