Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)
SCHOBER, Richard: Die Tiroler Konservativen in der Ära Taaffe
272 Richard Schober So politisch unklug die Haltung der Konservativen den Lehrern gegenüber auch war, sie wurde in ihren negativen Auswirkungen noch weit durch die Stellung der Partei gegenüber dem neuen Gebäudesteuergesetz übertroffen. Im Jahre 1881 hatten die Konservativen der Gebäudesteuervorlage zugestimmt, nachdem in letzter Stunde der Majorität im Abgeordnetenhaus wichtige Zugeständnisse in der Frage der Hausklassen- und Hauszinssteuer gemacht worden waren 63). Das Herrenhaus lehnte jedoch trotz des Widerstandes einzelner konservativer Mitglieder diese Erleichterungen ab. Als die Vorlage vom Herrenhaus Anfang Jänner wieder ins Abgeordnetenhaus wanderte, sprach sich trotz der Streichung die überwältigende Mehrheit der konservativen Abgeordneten, auch der Tiroler, für das Gesetz aus 54). Die Konservativen begründeten ihre Haltung mit einem drohenden Spezialgesetz für Tirol, und diese Gefahr bestand tatsächlich. Der Finanzminister war bei einer Besprechung mit dem Tiroler Abgeordneten Franz von Zallinger und dem Vorarlberger Thurnher sowie dem Italienisch-Tiroler Hippoliti nicht bereit gewesen, die Vorlage, falls ihr das Abgeordnetenhaus nicht zustimmen würde, erneut dem Herrenhaus vorzulegen. In diesem Fall sollte ein eigenes Gesetz für Tirol geschaffen werden, das sicherlich noch härter ausgefallen wäre55). Die Konservativen standen nun vor der Wahl, entweder das Gesetz, wie es die Regierung vorlegte, zu akzeptieren oder sich gegen das Ministerium Taaffe zu stellen. Noch einmal mehr entschieden sie sich für die Stützung der Regierung, nur um die Liberalen nicht aufkommen zu lassen. Dabei verleugneten sie sowohl die sozialen Wünsche der Bevölkerung als auch ihre eigenen Parteiinteressen. Für den „Eisernen Ring“ waren die konservativen Abgeordneten eben bereit, alles zu opfern. Mit der Abstimmung über das Grund- und Gebäudesteuergesetz 1882 setzte eine Entwicklung ein, die die Konservative Partei immer mehr dem Volk entfremdete, was schließlich zu ihrer vollkommenen Niederlage bei den ersten Volkswahlen von 1907 führte. Diese Haltung in einer so wichtigen sozialen Frage mußte natürlich auch auf den Widerstand innerhalb der Partei stoßen. Zallinger und Propst Josef Wieser hatten gegen das Gesetz gestimmt, und der erstere scheute sich auch nicht, in seinem Organ, dem Tiroler Volksblatt56), gegen das Gesetz und die Regierung, die jedoch jede Kritik unterdrückte, aufzutreten. Die Bezirkshauptmannschaft konfiszierte das Blatt wegen eines Artikels von Zallinger, in dem der Abgeordnete ausführte, daß das Gebäudesteuergesetz für Tirol „in der Schule des Fiscalismus großgezogen“ 53) Franz von Zallinger Ein offenes Wort über die Gebäudesteuer (Flugschrift Bozen 1882) 6; liegt bei Statth. Präs. 2213 ex 1882. 53) St. Prot. V/5/187 von 1882 Jänner 31, S. 6583 f. 55) Zallinger Gebäudesteuer 8. s«) Tiroler Volksblatt 1882 Juni 7.