Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)

SCHOBER, Richard: Die Tiroler Konservativen in der Ära Taaffe

270 Richard Schober Heidenburg vor; für den letzteren setzte er sich besonders ein, da er dem gemäßigten Flügel der Majorität angehörte, und auch Ministerpräsi­dent Taaffe sprach sich in einem Privatschreiben eindeutig für Rapp aus44). Bossi-Fedrigotti, der sich der Regierung gegenüber stets loyal verhalten hatte und besonders im italienischen Landesteil sehr beliebt war, wurde vom Statthalter zur Auszeichnung mit dem Orden der Eiser­nen Krone vorgeschlagen und ging in allen Ehren ab. Die Regierung wollte damit ein Aufsehen in den Tiroler liberalen Kreisen vermeiden und auch die Italienisch-Tiroler nicht vor den Kopf stoßen. Am 29. Juli 1881 wurde Rapp zum Landeshauptmann ernannt 45). Das Jahr 1881 brachte die auch der Regierung Taaffe sehr unangenehme Schulfrage wieder zur Sprache. Bereits vor Einberufung des Landtages machte sich das Ministerium Gedanken darüber, wie man sich einem even­tuellen Initiativantrag der konservativen Landtagsmajorität gegenüber verhalten solle. Dem Ministerium war es wohl gelungen, in den Bischöfen Leiß und Deila Bona Männer nach Brixen und Trient gebracht zu haben, die die konfessionelle Schule nicht mit derselben Vehemenz wie die kon­servativen Laien forderten; der Einfluß der Bischöfe auf die Partei reichte jedoch nicht aus, um deren Haltung der Regierung gegenüber opportun zu gestalten. In Tirol übertraf der Klerikalismus der Laien den der Bischöfe bei weitem; eine Initiative zur Mäßigung des konfessionellen Standpunk­tes durch die Tiroler Oberhirten hätte somit nur deren kirchliche und politische Autorität geschwächt, was nicht dem Willen der Regierung ent­sprechen konnte. So entschied sich Taaffe für ein abwartendes Verhalten, obwohl er ein entschiedenes Interesse an den verwaltungstechnischen Gesetzen hatte, die die Errichtung und Erhaltung der Volksschulen sowie die Rechtsverhältnisse der Lehrer regeln sollten. Da die Konservativen, also die Majorität, sich auf ein Junktim zwischen der Annahme eines Schulaufsichtsgesetzes und diesen Regelungen festlegten, war jede Ak­tion des Ministeriums aussichtslos. Die Konservativen übergingen dabei sogar die berechtigten sozialpolitischen Wünsche der Lehrerschaft. Wieder einmal vernachlässigten sie die Sozialpolitik zugunsten ihrer klerikalen Prinzipien 46). Als die Majorität im Landtag einen Schulausschuß wählte, (wobei sie weit­gehend die liberale Minderheit unberücksichtigt ließ), war der Regierung klar, daß sich die Tiroler Konservativen, obwohl ihre Reichsratsabge­ordneten die Regierung sonst unterstützten, gegen sie stellen würden. Als der Schulausschuß seine Anträge einbrachte, wurde der Statthalter sogar auf gef ordert, im Landtag diesen gegenüber nicht aufzutreten; er mußte dies zunächst ablehnen, da diese Anträge die Regierung und die Schul­behörden scharf angriffen. Der Regierungsvertreter in Tirol und Vorarl­44) Ebenda ad 3783: Privatschreiben Taaffe an Widmann, 1881 Juli 11. 45) Ebenda. 46) Ebenda 2462 ad 3/1: Statthalter an MCU, 1881 Juli 15.

Next

/
Oldalképek
Tartalom