Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)

SCHOBER, Richard: Die Tiroler Konservativen in der Ära Taaffe

Die Tiroler Konservativen in der Ära Taaffe 269 Gegner, der Liberalen. Um ihre Wähler zu beruhigen (aber auch zu täu­schen), genehmigten die Konservativen sogar ihren beiden Abgeordneten aus Italienisch-Tirol, Gentilini und Hippoliti, gegen das Gesetz zu stim­men, da die Mehrheit ohnedies als gesichert angesehen werden konn­te 3i>). Im Reichsrat setzten die Konservativen wieder zu einem Vorstoß in der Schulfrage an, sicherlich um von ihrer unbefriedigenden Haltung in der Steuerfrage abzulenken. Anton Di Pauli verlas am 12. Mai 1881 im Ab­geordnetenhaus folgende Resolution: „Die Regierung wird aufgefordert, die für das Volksschulwesen bestehenden Gesetze einer eingehenden Revision zu unterziehen und eine Gesetzesvorlage auszuarbeiten, in welcher unter Festhaltung der im § 11 lit. i der Staatsgrund­gesetze vom 20. Dezember 1867 vorgezeichneten Grenzen den begründeten Be­schwerden der Eltern, Gemeinden und Länder gegen die dermaligen Volksschul­gesetze die geeignete Abhilfe gewährt und grundsätzlich festgestellten Rechten der Landesgesetzgebung, sowie den berechtigten konfessionellen, sittlichen und nationalen Forderungen der Bevölkerung die volle Berücksichtigung zu Teil wird ...“ * 40). Di Pauli hielt zu diesem Anträge eine blendende Rede: Der Haupt- und Angelpunkt der Frage werde und müsse immer bleiben: „Soll die Schule Unterricht oder Erziehung sein? Soll die Volkschule bloß der Unterricht von zum Leben nützlichen Kenntnissen, oder soll (sie) die Erziehung zur Erreichung eines gottgewollten ewigen Zieles sein?“ Mit dieser Fragestel­lung sprach er auch die weniger katholischen Kreise an; selbst die Pro­testanten wurden an das Lutherwort erinnert: „Wo die heilige Schrift nicht regiert, da rate ich fürwahr niemand, sein Kind hinzuthun“ 41). Die Rede fand in den klerikalen Kreisen einmütige Zustimmung. Papst Leo XIII. segnete Di Pauli und erklärte, er werde sie in die Sammlung seiner persönlichen Schriften auf nehmen 42 *). Sichtlich kam die Regierung Taaffe den Konservativen jedoch entgegen, als der liberale Landeshauptmann Wilhelm von Bossi-Fedrigotti am 9. Juli 1881 zurücktrat. Bossi war 1877 zum Landeshauptmann ernannt worden, nachdem die konservative Majorität den Landtag 1876 gesprengt hatte. Er war Landeshauptmannstellvertreter gewesen und an die Stelle des Abtes von Wilten, Sales Blaas, getreten, der dieses Amt nicht angenommen hatte4S). Daraus ergab sich, daß ein liberaler Landeshauptmann einer konservativen Majorität entgegenstand. Nach der Demission Bossis ver­trat die Regierung den Standpunkt einer Normalisierung der Verhält­nisse und wollte den Landeshauptmann den Reihen der Konservativen entnehmen. Der Statthalter schlug Ignaz Freiherrn von Giovanelli, Anton Graf Brandis, Anton Freiherrn von Di Pauli und Franz Ritter von Rapp­39) Ebenda 130. 40) Neue Tiroler Stimmen 1881 Mai 13. 41) St. Prot. IX/150 von 1881 Mai 12; Neue Tiroler Stimmen 1881 Mai 16. i2) Ott Geschichte Tirols 1 130. 43) TLA Statth. Präs. 2545: Widmann an Taaffe, 1881 Juli 16.

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