Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)

LAUBACH, Ernst: Karl V., Ferdinand I. und die Nachfolge im Reich

18 Ernst Laubach Hauses Habsburg zuzurechnen gewesen war, vertraglich an sich zu bin­den. Und zwar sollte der Kurfürst für mindestens sechs Jahre verpflich­tet sein, die Interessen des Kaisers und Ferdinands so nach Kräften zu fördern, wie es ein „getreuer Rat und Diener seinem Herrn schuldig“ sei; als Gegenleistung wurde er mitsamt seinem Stift in den besonderen Schutz des Erzhauses genommen und sollte eine jährliche Pension von 6000 Gulden erhalten87). Nicht im Vertrag stehen konnte die — seine wesentliche Ergänzung darstellende — Zusage des Kurfürsten, unter der Voraussetzung, daß es dem Kaiser nicht nur nicht zuwider sei, sondern er seine ausdrückliche Zustimmung erteile, Ferdinand zum Römischen König wählen zu wollen88). Die Kautele entsprach dem von Ferdinand grundsätzlich akzeptierten Vorbehalt Karls hinsichtlich seiner Präroga­tive. Daß Karl innerhalb der nächsten sechs Jahre die Kaiserkrönung er­reichen und das Startzeichen geben werde, durfte Ferdinand wohl hof­fen 88a). Die beiden anderen geistlichen Kurfürsten haben anscheinend auch ein gewisses Wohlwollen für Ferdinands Königswünsche erkennen lassen 89). Doch läßt sich nicht sagen, wie weit die Sondierungen gegangen sind, und ebensowenig, wie Ferdinand sein doch wohl eigenmächtiges Vorgehen dem Bruder gegenüber motiviert hat; denn wir kennen nur die Reaktion Karls auf den Bericht, den Ferdinand ihm über die Ereignisse von Speyer erstatten ließ, nicht den Bericht selbst90). Karl äußerte zwar Befriedi­gung darüber, daß einige Kurfürsten guten Willen in der Königssache gezeigt hätten, und meinte auch, man müsse ihre positive Stimmung er­halten. Aber er blieb dabei: so sehr er auch wünsche, daß Ferdinand zu jener Würde gelange, bis zu seiner Kaiserkrönung müsse man sich gedul­87) Die Vertragsurkunde, 1526 Juli 1, gedruckt bei Paul Rettberg Stu­dien zum Verständnis der Politik des Kurfürsten Richard von Trier in den Jahren 1519—1526 (phil. Diss. Greifswald 1901) 75 ff. 88) Das geht aus dem Entwurf einer Instruktion für eine Gesandtschaft Karls an den Kurfürsten von Trier von 1530 hervor: Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien (— HHStA) Reichskanzlei, Wahl- und Krönungsakten 2 (neu) fol. 218r— 219v und 222r—223r. Hinweis darauf bei Otto Winckelmann Der Schmal- kaldische Bund 1530—1532 und der Nürnberger Religionsfriede (Straßburg 1892) 12 Anm. 29; vgl. auch Ranke Deutsche Geschichte 3 245. 88a) Karls Kommissare teilten Ende Juni dem Reichstag u. a. mit, der Kaiser hoffe in Kürze zur Kaiserkrönung nach Italien aufzubrechen; vgl. H a f f n e r Konzilsfrage 100 Anm. 468. 89) Karl und Ferdinand sprachen von „einigen“ Kurfürsten, die guten Willen gezeigt hätten (siehe Anm. 90 u. 91). Auf die geistlichen weisen ein Diplomaten­bericht (Friedensburg Reichstag zu Speier 143 Anm. 2) und ein Brief Johanns von Sachsen an Philipp von Hessen (RTA 7 27) hin; nach der In­struktion für Trier (siehe Anm. 88) war der Mainzer zugegen, als der Trierer sein Versprechen gab. 90) Karls Brief, 1526 November 29, ist die Antwort auf Berichte Ferdinands, die der Gesandte Presinger überbracht hat, die aber in der Ausgabe der Fa­milienkorrespondenz fehlen: Korr. 1 497—499.

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