Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 27. (1974)
MATHIS, Franz: Neue Aspekte zur Planung des süddeutschen Feldzuges von 1704
154 Franz Mathis möglich, ihre Truppen schnellstens dorthin marschieren zu lassen, wo es die Lage gebiete. Will man also auf alliierter Seite diesen Erfolgen des Sonnenkönigs ein Ende setzen, betrachtet es Eugen als unbedingt notwendig, im „concert“ den Krieg zu führen. Sowohl die alliierten Mächte als auch ihre Generale müßten ihre Sonderinteressen zurückstellen und einsehen, daß ihr persönliches Wohl mit dem der Allianz identisch sei, daß sie die Wahl hätten zwischen einem Leben in Freiheit und einem Leben in Versklavung. Weiters fordert er ein absolutes Kommando für die obersten Befehlshaber, damit sich nicht die traurige Erfahrung vergangener Jahre wiederhole, daß sich nämlich irgendein untergeordneter General auf Grund eines Befehles seines Fürsten gegen die Anordnungen der obersten Befehlshaber auflehne. Was die Operationen anlangt, empfiehlt der Prinz den Seemächten zwei Armeen, von denen die größere an der Maas Stellung beziehen und die ganzen Niederlande zu verteidigen in der Lage sein soll. Die zweite, weniger starke Armee soll im April an die Mosel marschieren, Thionville angreifen und dann dort den feindlichen Bewegungen entsprechend offensiv agieren. „Cette armée est celle qui fera le plus de mal et de peur ä France, qui n’est couverte de ce cőté-lá que par la seule place que je propose d’assiéger“ 32). ohne diese Diversion an der Grenze Frankreichs bestehe nämlich die Gefahr, daß die Franzosen in den Niederlanden den einen oder anderen Stützpunkt preisgäben, um mit zahlenmäßiger Überlegenheit die Heere des Kaisers, des Herzogs von Savoyen und vor allem des Reiches anzugreifen. Aufgabe der kaiserlichen Rheinarmee war es nach Meinung Eugens, den Feind in einer günstigen Stellung am Oberrhein zu beobachten und seinen Bewegungen zu folgen, sei es, daß er sich der Mosel zu gegen Marlborough wenden oder noch einmal versuchen sollte, durch den Schwarzwald ins Innere Deutschlands vorzudringen. „Avec tout le reste,“ fährt Eugen fort, sollte man „agir vigoureusement contre la Baviére, s’il est possible former deux corps, l’un vers Filler et la Souabe, l’autre vers le Palatinat et la Franconie“ 32 33). Die in Süddeutschland stationierten Bayern und Franzosen seien die gleichen wie früher und daher nicht mehr zu fürchten als bisher. Falls es gelinge, den Nachschub der französischen Rekruten zu vereiteln und gegen sie offensiv vorzugehen, seien sie unweigerlich verloren. All dies sei umso notwendiger, als man vom Kaiser nicht erwarten könne, „qu’il laisse ses Pays Héréditaires découverts au premier qui marchera, et qu’il envoie ses troupes vers le Rhin“ 34). Dieses Projekt des Prinzen, das also zwei Armeen der Seemächte an Mosel und Maas und zwei bzw. drei Armeen des Kaisers und des Reiches an Oberrhein und Donau vorsah, überrascht insofern, als es die Möglichkeit einer Operation Marlboroughs am Oberrhein völlig außer Acht läßt. Es scheint daher — wie die mit den seemächtlichen Gesandten geführten Gespräche — vor allem dazu bestimmt gewesen zu sein, diesen die Moseloperation als das einzige hinzustellen, was man sich in Wien vom Herzog erhoffte. Die strengste Geheimhaltung dieser Observations, die Eugen sowohl Whitworth und Bruyninx als auch Marlborough und Heinsius ans Herz legte und derentwegen er bewußt darauf verzichtete, seine Unter32) Ebenda. 33) Ebenda. sí) Ebenda.