Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 27. (1974)

MATHIS, Franz: Neue Aspekte zur Planung des süddeutschen Feldzuges von 1704

Süddeutscher Feldzug 1704 153 wegen gewünscht zu haben, um einen Teil der dort stationierten Truppen, also keine zusätzlichen seemächtlichen Streitkräfte, gegen Max Emanuel zum Einsatz zu bringen. Und als ihr Befehlshaber kam nicht etwa Marl­borough, sondern nur der Markgraf von Baden in Frage, da für eine Hauptoperation wie diese in erster Linie der kaiserliche Oberkomman­dierende im Reich zuständig war 29). Was nun den Einsatz Marlboroughs anlangte, schwankte man in Wien noch zwischen Mosel und Landau. Dabei ist es nicht uninteressant, daß man nach außen hin — den seemächtlichen Gesandten gegenüber — nur von der Moselvariante sprach, während Leopold, Eugen und der mittler­weile in Wien eingetroffene Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz eine Operation am Oberrhein wahrscheinlich mindestens ebenso gerne gesehen hätten und Graf Wratislaw auch entsprechende Anweisungen erteilten. Möglicherweise kam es dem Wiener Hof erst einmal auf den Abzug der seemächtlichen Truppen aus den Niederlanden an, was mit einer Opera­tion an der Mosel von den Generalstaaten eher zu erreichen war als mit einem Unternehmen vor dem noch weiter entfernten Landau. Man schob daher im Gespräch mit Bruyninx und Whitworth, der vorübergehend Stepneys Posten besetzte, vor allem die Vorteile einer Moseloperation in den Vordergrund. Den entscheidenden Vorteil beider Operationen, sowohl der an der Mosel wie der am Oberrhein, glaubte man in Wien darin zu sehen, daß die Franzosen durch sie daran gehindert würden, neuerlich Truppen nach Süddeutschland zu werfen, sodaß der Markgraf imstande wäre, nur wenige seiner Kräfte am Rhein zu lassen, selbst aber mit fast der gesamten militärischen Macht des Kaisers und des Reiches Bayern an­zugreifen 30). Die gleichen Gedanken finden sich dann auch im Projekt des Prinzen Eugen, das er am 20. Februar zu Papier brachte und Heinsius, Marl­borough und wahrscheinlich auch Wratislaw zusandte. Diese Observations des Prinzen stellen sowohl vom Inhalt als auch von der Form her eine Gesamtschau des damaligen Krieges dar, wie sie weder von Marlborough noch vom Markgrafen gegeben wurde. Gleich zu Beginn setzt er sich mit der grundsätzlichen Frage nach dem franzö­sischen Erfolgsrezept auseinander und stellt dabei fest, daß die französischen Siege „ni de la bonté des ses troupes, ni des ses forces, mais de ce qu’une seule tété gouverne toute cette machine“ kommen81). Daher sei es den Franzosen 20) Bruyninx an Heinsius, 1704 Februar 2 Wien (wie Anm. 27); Whitworth an Hedges, 1704 Februar 6 Wien: PRO SP 80/22. 30) Leopold an Wratislaw, 1704 Februar 13 (wie Anm. 28); Whitworth an Marlborough, 1704 Februar 23 Wien: BM Add. Mss. 37352 fol. 101; Johann Wil­helm an Ludwig, 1704 Februar 13 Wien: Röder Kriegs- und Staatsschriften 2 12. sl) Observations des Prinzen Eugen, 1704 Februar 20 Wien: BM Add. Mss. 37352 fol. 104 ff bei Mathis Marlborough und Wratislaw 374 ff.

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