Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 27. (1974)

MATHIS, Franz: Neue Aspekte zur Planung des süddeutschen Feldzuges von 1704

152 Franz Mathis an die Donau noch nicht ins Gespräch gebracht worden zu sein, da sich in den Quellen keine derartige Andeutung finden läßt. Wenn jemand offen­siv gegen Kurbayern Vorgehen sollte, so dachte man damals in erster Li­nie an die Kaiserlichen unter Führung des Markgrafen von Baden. VI Auch in Wien, der von den Bayern und den ungarischen Aufständischen bedrohten Hauptstadt des Reiches, hätte man eine Operation Ludwigs an der Donau einer solchen am Oberrhein vorgezogen. Der holländische Gesandte Bruyninx, der im Auftrag des Ratspensionärs Heinsius Eugen wiederholt um einen Feldzugsplan gebeten hatte, glaubte Ende Jänner Eugens Äußerungen so viel entnehmen zu können, daß er im Gegensatz zu Ludwig an Mosel und Oberrhein eher defensiv, dagegen an der Donau „ä quel prix que ce soit“ 27) offensiv Vorgehen wolle. Auch Eugen dürfte dabei noch kaum mit einem direkten Einsatz Marlboroughs in Bayern gerechnet haben, ja nicht einmal mit einer offensiven Operation des Her­zogs an der Mosel. Denn erst nachdem er Anfang Februar von Wratislaw über Marlboroughs wahre Absichten unterrichtet worden war, trat auch er für ein Moselunternehmen der Seemächte ein. Hätte Eugen ursprüng­lich — wie man einwenden könnte — deswegen eine Defensive an der Mosel gewünscht, um dadurch Marlborough an die Donau zu ziehen, so wäre wohl kein Grund vorhanden gewesen, diesen Gedanken jetzt, da der Herzog bis nach Landau marschieren wollte, fallen zu lassen. Daß Eugen nur in seinen leider nicht aufgefundenen Briefen an Wratislaw die Donau­variante empfohlen habe, ist auch eher unwahrscheinlich, da sonst sicher irgendein Hinweis in die so vertrauliche, geheime Korrespondenz zwi­schen Kaiser Leopold und Graf Wratislaw Eingang gefunden hätte. An­deutungen wie „in dieser Materie wird Euch der Prinz Eugenius ein Mehreres selbst schreiben“ beziehen sich eher auf das Mosel- bzw. Ober­rheinunternehmen Marlboroughs, das zu erwirken der Kaiser am 13. Fe­bruar den Grafen dann auch anhielt28). Im übrigen war sich natürlich auch Prinz Eugen der Vorteile einer Offen­sive am Oberrhein völlig bewußt, nur verfügte man seiner Meinung nach über zu wenig Truppen, um an Rhein und Donau eine Offensive starten zu können. Eugen scheint also eine Defensive am Rhein vor allem des- * 2 27) Bruyninx an Heinsius, 1704 Februar 2 Wien: AR Arch. Heinsius 919; Bruyninx an Heinsius, 1703 Dezember 22 Wien: ebenda 842; Eugen an Bruyninx, 1703 Dezember 27 Preßburg: ebenda; Bruyninx an Heinsius, 1704 Jänner 19 und 23 Wien: ebenda 919. 2S) Leopold an Wratislaw, 1704 Februar 13 Wien: Ratzenhofer Succes- sions-Krieg 726; Bruyninx an Heinsius, 1704 Februar 15 Wien: AR Arch. Hein­sius 919. — Vgl. Ritter Politik und Kriegführung 57 ff.

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