Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 27. (1974)
MATHIS, Franz: Neue Aspekte zur Planung des süddeutschen Feldzuges von 1704
Süddeutscher Feldzug 1704 151 5. Dezember hatte der Herzog dem hannoveranischen Gesandten Schütz erklärt, „daß selbige [Armee an der Mosel] von großem Nutzen angesehen worden, ob aber nach dem Verlust der Festung Landau und dem dabei vorgefallenen Unglück die Sachen in einem Stand wären, die vormalige Projekten [Moseloperation] zu effektuieren, das werde die Zeit geben müssen“ 24). Allerdings schätzte Marlborough seine Chance, für diese Belagerung eine starke Armee zu erhalten, nicht sehr hoch ein. Da man nämlich seiner Meinung nach die Holländer nur dann zu einer Defensive an ihren Grenzen überreden konnte, wenn man ihnen eine Armee ließ, die auch offensiv zu operieren imstande wäre, rechnete er für sich mit nicht mehr als 45 Bataillonen und 50 bis 60 Schwadronen. Daher wünschte Marlborough, es würden ihm von kaiserlicher Seite noch weitere Streitkräfte zur Verfügung gestellt. In besagtem Schreiben an den Markgrafen erkundigte er sich, „was vor eine Zahl von Truppen man zu denen seini- gen konjugieren könne,“ und fragte gleichzeitig, „ob es besser, daß dieses Corpo [Marlboroughs] an dem obern Rhein oder Mosel operiere.“ Darüber hinaus erklärte sich Marlborough gegenüber Wratislaw bereit, nach der Wiedereroberung Landaus „so viel Truppen als sich wird tun lassen, von sein Corpo zu detachieren, um den Kurfürsten von Bayern ... zu obruieren“ 25). Es ist vielleicht nicht unwesentlich, an dieser Stelle festzuhalten, daß in der dafür in Frage kommenden Korrespondenz noch immer jeder Hinweis auf die Möglichkeit eines persönlichen Einsatzes Marlboroughs gegen Max Emanuel fehlt. In diesen Jännertagen war offensichtlich nur von einer mehr oder weniger großen, seemächtlichen Truppenentsendung an die Donau die Rede. Auch in Francis Hares Journal, dem von Marlborough durchgesehenen und approbierten Bericht seines Feldkaplans über den Feldzug 1704, findet sich keine Erwähnung, daß bereits im Jänner über ein persönliches Erscheinen Marlboroughs in Bayern gesprochen worden wäre. Es scheint eher alles darauf hinzudeuten, daß der Plan eines eigenen Zuges an die Donau — wie Onno Klopp zum ersten Mal feststellte — damals noch nicht in den Gedankenkreis Marlboroughs eingedrungen war 26). Denn es wäre für ihn kein Grund vorhanden gewesen, Wratislaw seine Gedanken zu verschweigen, vor allem, da er mit ihm über seine oben skizzierten Pläne so offen und freimütig wie sonst fast mit niemandem sprach. Aber auch von Wratislaws Seite scheint ein Marsch Marlboroughs 24) Schütz an Georg Ludwig, 1703 Dezember 7 London: Niedersächsisches Hauptstaatsarchiv Hannover (= NHStA) Cal. Br. Arch. Des. 24, Engl. 64, II; Wratislaw an Leopold, 1704 Jänner 18 London (wie Anm. 11). 25) Ebenda. 26) Hare’s Journal: BM Add. Mss. 9114; Klopp Fall des Hauses Stuart 11 92.