Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 27. (1974)
MATHIS, Franz: Neue Aspekte zur Planung des süddeutschen Feldzuges von 1704
Süddeutscher Feldzug 1704 145 an die Donau im September zwischen Eugen und Wratislaw bereits erörtert wurde und der Graf einen solchen bei Marlborough ausdrücklich erwirken sollte. Während des ganzen Winters deutet in den sonst so weitläufigen Berichten Wratislaws an den Kaiser nichts auf diese Möglichkeit hin. Eine Diversion englisch-holländischer Truppen an der Mosel oder am Oberrhein, die eine Entlastung der kaiserlichen Streitkräfte in Deutschland zur Folge gehabt und sie sogar zu einem wirksamen Angriff gegen Max Emanuel frei gesetzt hätte, lag wesentlich näher. Jedenfalls wird man auf Grund seiner späteren Korrespondenz in der Annahme kaum fehl gehen, daß Wratislaws Instruktionen eher allgemein gehalten waren, nämlich die Seemächte und vor allem Marlborough und den holländischen Ratspensionär Heinsius nachdrücklich auf die von Bayern her drohende Gefahr für das Reich und die ganze Allianz aufmerksam zu machen und sie für das kommende Jahr zu einer tatkräftigen Unterstützung in Deutschland zu bewegen. III Wratislaw und Eugen waren aber keineswegs die einzigen, die sich schon im Sommer 1703 den kommenden Feldzug durch den Kopf gehen ließen. Denn Marlborough beschränkte sich nicht darauf, Wratislaws Vorschlag bezüglich einer Konferenz auf höchster Ebene als undurchführbar abzulehnen, sondern er wartete ebenfalls mit einem konkreten Plan zur Erreichung eines „concert“ unter den Alliierten auf. Seine Vorstellungen kreisten vor allem um einen frühen Feldzugsbeginn an der Mosel, um so indas Innere Frankreichs vorzustoßen und die Feinde dadurch zu zwingen, zur Verteidigung des eigenen Landes von anderen Kriegsschauplätzen Truppen abzuziehen. Zur Vorbereitung eines solchen Unternehmens dachte er daran, noch im Herbst ein starkes Truppenkontingent nach Koblenz zu entsenden. Dort sollte es seine Winterquartiere beziehen, vorher aber noch Trarbach und Trier einnehmen und besetzen. Falls der Wiener Hof seinen Vorschlag guthieße, wäre es notwendig, so bald wie möglich einen kaiserlichen Minister nach Den Haag zu beordern, um die Generalstaaten zu einer Beteiligung an diesem Projekt zu drängen und sich mit ihnen und den benachbarten Fürsten darüber zu beraten. Dieser Minister müßte allerdings von Eugen umfassend über dessen Gedanken zum kommenden Feldzug informiert sein. Marlborough war also, noch bevor ihn Wratislaws Brief vom 1. August erreichte, mit dem Grafen einer Meinung, daß Prinz Eugen auf seiten des Kaisers die entscheidende Persönlichkeit darstellte und nicht etwa der kaiserliche Oberkommandierende in Deutschland, der Markgraf von Baden. Marlborough fürchtete sogar, daß die vom Markgrafen zu erwartenden Projekte dazu angetan sein könnten, seine eigenen Vorhaben zunichte Mitteilungen, Band 27 10