Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 27. (1974)
MATHIS, Franz: Neue Aspekte zur Planung des süddeutschen Feldzuges von 1704
146 Franz Mathis zu machen, falls nicht der Kaiser noch vorher besagten Minister nach Den Haag sende. Marlborough dachte dabei an Graf Sinzendorf, der sich als kaiserlicher Gesandter am Niederrhein aufhielt und sich durch seine Hingabe für die Sache des Kaisers und der Alliierten wiederholt ausgezeichnet hatte. Zusammen mit Wratislaw galt er als der vertrauteste Freund und Ratgeber Marlboroughs auf kaiserlicher Seite 10). Mitte Oktober traf nun Marlborough mit Sinzendorf in Düsseldorf zusammen, wo sich neben dem jungen König Karl von Spanien auch Wratislaw und Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz eingefunden hatten. Obwohl Wratislaw die Gelegenheit einer ersten mündlichen Aussprache mit Marlborough dazu benützte, ihm klarzulegen, wie unbedingt notwendig die Unterwerfung Bayerns für den Kaiser und den Erhalt der Allianz sei, dürfte in Düsseldorf vor allem die Moselvariante im Mittelpunkt der militärischen Gespräche gestanden sein. Dafür spricht nicht nur die weitere Korrespondenz Marlboroughs, sondern auch die Anwesenheit Sinzendorfs und Johann Wilhelms, zweier heftiger Befürworter dieses Planes. Die Annahme jedenfalls, daß Wratislaw schon in diesen Oktobertagen einen persönlichen Zug Marlboroughs an die Donau zur Sprache gebracht hätte, entbehrt jeder Grundlage 11). Seine Pläne mit Sinzendorf griff Marlborough erst in Den Haag wieder auf, wohin auch König Karl und Wratislaw, von Düsseldorf kommend, gereist waren. Nachdem der Herzog den englischen Gesandten in Wien gebeten hatte, sich beim dortigen Ministerium für Sinzendorf zu verwenden, unterhielt er sich nun in Den Haag persönlich mit dem Grafen über einen ständigen Kongreß, der in eben dieser Stadt tagen und wie im letzten Krieg dazu dienen sollte, die Kriegführung der Alliierten zu koordinieren und zu beschließen. Der kaiserliche Minister, der naturgemäß an der Spitze dieses Kongresses stehen würde, müßte nicht nur politische Erfahrung aufweisen, sondern sich auch in militärischen Angelegenheiten, vor allem in den Niederlanden, auskennen. Sowohl die Generale als auch die schwierige gegenwärtige Lage müßten ihm bekannt sein. Besonders sollte er sich aber des Vertrauens Marlboroughs so sehr erfreuen, daß ihm * 9 10) Marlborough an Stepney, 1703 August 11 Borgloon: Letters and Dispatches of John Churchill, first Duke of Marlborough, from 1702 to 1712 1, hg. von George Murray (London 1845) 157; Marlborough an Heinsius, 1703 August 9 und 11 Borgloon: The Correspondence 1701—1711 of John Churchill and Anthonie Heinsius, hg. von B. van’tHoff (Den Haag 1951) 86 f. n) Wratislaw an Leopold, 1704 Jänner 18 London: HHStA StA England 38, bei Mathis Marlborough und Wratislaw 371 ff. Dieses Schreiben Wratislaws ist von Ritter Politik und Kriegführung 67 und Onno Klopp Der Fall des Hauses Stuart und die Succession des Hauses Hannover in Großbritannien und Irland 11 (Wien 1885) 43 und 92 zu Unrecht mit Jänner 29 datiert worden, Vgl. Mathis Marlborough und Wratislaw 30 und Gustav Ratzenhofer Spanischer Successions-Krieg. Feldzug 1704 (Feldzüge des Prinzen Eugen von Savoyen 1/VI, Wien 1879) 50.