Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 27. (1974)

THOMAS, Christiane: „Moderación del poder“. Zur Entstehung der geheimen Vollmacht für Ferdinand I. 1531

Moderación del poder 121 nis der beiden geworden94 95). Zu berücksichtigen ist allerdings, daß hier für jeden Außenstehenden offensichtlich das „image“ einer Harmonie ge­boten werden sollte, die für alle politischen Belange nur von Vorteil sein konnte. Der Briefwechsel zwischen Karl und Ferdinand läßt speziell im Jahre der Wahl nicht ununterbrochen diesen Gleichklang spüren 9ä), doch scheint die Fassade von Einigkeit und gegenseitigem Eintreten nach außen hin ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben. Nur Antonio Soriano wagt 1531 Skepsis an der „innigen Liebe“ gerade aufgrund der verschiedenarti­gen Charaktere vorzubringen 96). Immerhin stammt die Definition Ferdi­nands als des „autre moy-mesmes“ von Karl selbst, der sie in der nicht offiziellen Korrespondenz anwendete und dem in ureigenstem Interesse das Bemühen um engste Verständigung und Bindung nicht abgesprochen werden kann 97 * *). Für unser Thema würde dies besagen, daß in dem Augenblick, als Karl Reichsboden verläßt, sein „anderes Ich“, der zweite Mensch für den einen kaiserlichen Willen, in Aktion tritt. Es wird also eine Kontinuität ange­strebt, die bruchlos bei Abwesenheit des einen den anderen an dessen Stelle schiebt und die Geschlossenheit der „maison dAustrice“ dokumen­94) Für Tiepolo: Albéri Rélazioni 1/1 99, 107; für Contarini: ebenda 447 f; für Mocenigo: Relationen venezianischer Botschafter über Deutschland und Österreich im sechzehnten Jahrhundert (FRA II 30) hg. von Joseph Fiedler (Wien 1870) 55. Die fragliche Stelle übersetzt von Willy Andreas Staatskunst und Diplomatie der Venezianer im Spiegel ihrer Gesandtenberichte (Leipzig 1943) 214 f. 95) Klinkenberg Linzer Vertrag 573 spricht gerade für die bayerische Frage von einem „leisen“ Widerstand Ferdinands, der aber ansonsten in den 30er Jahren „noch durchaus einig“ mit Karl sei. 96) Albéri Relazioni 2/3 (Firenze 1846) 291. 97) Belege dafür in Die Korrespondenz Ferdinands I. 1: Familienkorrespon­denz bis 1526, bearb. von Wilhelm Bauer ('Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs 11, Wien 1912): Karl an Ferdinand, 1524 Okto­ber 4 Tordesillas (224 n. 94); dsbe an dsben, 1525 Februar 4 Madrid (251 n. 120/7); dsbe an dsben, 1526 Oktober 4 Granada (475 n. 243/1). Der These von Hugo H a n t s c h Zum ungarisch-türkischen Problem in der allgemeinen Politik Karls V. in Festschrift Karl Eder zum 70. Geburtstag (Innsbruck 1959) 62, aus der Konstruktion des „autre moy-mesmes“ folge, „daß er (Karl) Ferdinands Schicksal in sein eigenes Dasein als bestimmenden Faktor aufzunehmen wünsch­te“, und diese Briefstellen bewiesen ein stärkeres brüderliches Zusammengehö­rigkeitsgefühl bei Karl als bei Ferdinand, vermag ich nicht beizustimmen: Zu­sehr betreffen alle drei Zitate besonders heikle, möglicherweise Verstimmungen hervorrufende Situationen, wo auch ein wenig Schmeichelei von seiten Karls nicht schaden konnte. Dagegen macht Jutta Reichrath-Hempel Zur Türkenpolitik Karls V. Eine Untersuchung der Argumente in der Korrespondenz Karls V. bis zum Jahre 1526 (ungedr. Zulassungsarbeit zur Wissenschaftlichen Prüfung für das Lehramt an Gymnasien, Konstanz 1972) 25 darauf aufmerksam, daß diese Fiktion es Karl ermöglichte, seine politischen Ziele zu denen Ferdi­nands werden zu lassen und sein „anderes Ich“ „dadurch in seinem Interesse zum Handeln zu bewegen und zu verpflichten“.

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