Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 26. (1973)

WELTIN, Max: Kammergut und Territorium. Die Herrschaft Steyr als Beispiel landesfürstlicher Verwaltungsorganisation im 13. und 14. Jahrhundert

48 Max Weltin leuten zweifellos gefördert worden ist. Besonders die letzteren, deren Erwerbsgrundlagen weniger im Gebiet der Herrschaft 257), als innerhalb der ummauerten Stadt gelegen waren, mußten an einem Status, wie ihn andere landesfürstliche Städte schon mehr oder minder lang erreicht hat­ten, interessiert sein 258). Ihr korporatives Auftreten verlieh den diesbe­züglichen Bestrebungen sicherlich einiges Gewicht. Der Hauptgrund, der zu den erwähnten tiefgreifenden organisatorischen Änderungen innerhalb der Herrschaft geführt hatte, war aber finanzpolitischer Natur. Luschin hat, ausgehend vom Verschwinden der Landschreibersiegel auf den Münzen im ersten Viertel des 14. Jahrhunderts, geschlossen, daß an Stelle der im 13. Jahrhundert üblichen Generalpacht des österreichischen Landschreibers die Verpachtung der einzelnen Ämter an verschiedene Personen getreten sei 259). Dopsch hat darauf erwidert, daß bereits im 13. Jahrhundert einzelne Gerichte an verschiedene Personen verpachtet waren, und daß andererseits auch noch im 14. Jahrhundert die Verpach­tung mehrerer Ämter an „officiales“ beobachtet werden könne 260). Lin­deck hat sich der Meinung Luschins angeschlossen, auf den steigenden Geldbedarf nach 1314 hingewiesen und betont, daß es vor allem die Ver­pfändungen im großen Stil gewesen sind, die zum Abgehen vom System der Generalpacht geführt hätten 261). Wir haben oben darauf hingewiesen, daß im Habsburgischen Regalien­verzeichnis das „iudicium Stirensis civitatis“ fehlt, und diesen Umstand damit begründet, daß dieses „iudicium“, das ja die größte landesfürstliche Herrschaft umschloß, zur Verpachtung wenig geeignet war, sondern nur durch Treuhandverwaltung administriert werden konnte. Durch diese strukturelle Besonderheit war dann die eigenartige Stellung der Burg- grafen-Richter bedingt. Nachdem 1322 die habsburgischen Pläne auf die Königskrone gescheitert waren, versuchten die Herzoge Albrecht und Otto begreiflicherweise die zerrütteten Finanzen wie immer möglich in Ord­nung zu bringen 262). Wichtig war dabei, vor allem die Erträgnisse aus dem landesfürstlichen Kammergut zu erhöhen 263 * *). Ein Burggraf, der rein für die Belange der Herrschaftsverwaltung zuständig war, mußte 257) Um 1380 haben Steyrer Bürger freilich in größerem Maße herrschaft­liche Lehen inne. Es dürfte sich dabei aber um eine sekundäre Erscheinung handeln, die mit dem gesellschaftlichen Aufstieg der Bürger im 14. Jahrhun­dert in Zusammenhang steht. 258) Vgl. LFU 1/2 58 n. 2: Verpachtungen: „Primo moneta et muta et iudicium intra muros oppidi Graetzensis et iudicium provinciale ultra Murám ...“. Auch Wien hatte schon im 13. Jahrhundert einen Burgfriedensbezirk. 258) Luschin Chronologie 60. 280) LFU 1/1 Einleitung 92 f. 281) Erich L i n d e c k Magister Berthold von Kiburg in MIÖG 54 (1942) 100. 282) L h o t s k y Geschichte Österreichs 330 ff. 263) Zu einer ähnlichen Reform im 16. Jahrhundert vgl. F e i g 1 Befreite Ämter 209 f.

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