Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 26. (1973)

WELTIN, Max: Kammergut und Territorium. Die Herrschaft Steyr als Beispiel landesfürstlicher Verwaltungsorganisation im 13. und 14. Jahrhundert

Kammergut und Territorium 45 Naturgemäß hatte diese Regelung nicht lange Bestand, da die Vol­kensdorf er an der ausschließlichen Blutgerichtsbarkeit, die ja hauptsäch­lich mit Kosten verbunden war, nur wenig Interesse gehabt haben moch­ten. 1303 ist ein Heinrich von Rappach „burggraf zu Ror und richter ze Hall in der hofmark“ bezeugt 237). In ihm sieht Strnadt, sicherlich mit Recht, den ersten Landrichter von Hall 238 239 240). Damit sind die Bestimmungen des Artikels 1 von 1287 hinfällig geworden. Die Hofmark Hall ist nach­weisbar seit 1303 ein eigenes Landgericht, wenngleich in so enger Symbio­se mit dem der Herrschaft Steyr, daß die jeweiligen Landrichter wechsel­weise verwendet worden sind 238). Die hier geschilderte Entwicklung macht es auch begreiflich, weshalb das landesfürstliche Urbar um 1325 von der „hoevemarche ze Steyer“ spricht, eine Formulierung, die nicht nur Mitterauer irregeführt hat 24°). Die ursprüngliche Sonderentwicklung, die die Hofmark Hall innerhalb der Herrschaft Steyr genommen hat, ist außer an den Rechten, die das Landgericht Volkensdorf dort noch im 16. Jahrhundert hatte241), auch daran zu erkennen, daß sie das ganze 14. Jahrhundert hindurch zur genaueren Lagebezeichnung von zur Herr­schaft Steyr gehörigen Objekten herangezogen wird 242). Im Gegensatz zur Nota inquisitionis, die ja zu einem Zeitpunkt angelegt worden ist, zu dem die Hofmark Hall ein selbständiger Niedergerichtsbezirk zwischen dem Landgericht der Herrschaft Steyr und dem Landgericht Volkensdorf gewesen ist 243 *), und in der es heißt, ein Hof gehört (pertinet) zur Hof­237) TJBOE 5 596; dazu Strnadt Traun und Enns 587. 238) Ebenda. Den 1273 und 1292 genannten Albertus iudex de Hall hält Strnadt für den Marktrichter, was zutreffen könnte. 239) Ebenda 584 f: „Von dieser Zeit an zerfiel das Herrschaftsgebiet von Steyr in zwei Landgerichte, jenes von Hall und jenes von Steyr“; 586: „Noch 1579 heißt es in einem Bestallungsbrief Kaiser Rudolfs II. für Hieronymus Pruner Landrichter unsers Landgerichts bei unserer Herrschaft Steyr und Hall in der Hofmark1.“ 240) LFU 1/1 255: „Daz ist die gulte und daz urbor, die da gehoerent zu der hoevemarche ze Steyer.“ Die Abfassung dieser Urbarialaufzeichnungen fällt nach 1325. Damals hatte die Stadt einen Burgfrieden (als Niedergerichtsbezirk) ausgebildet, der Niedergerichtsbezirk der Hofmark Hall war aber zum Landge­richtssprengel geworden und damit, wie gezeigt, dem herrschaftlichen Land­gericht gleichwertig. Dem Redaktor des Urbars war auf diese Weise der ur­sprüngliche, komplizierte Rechtszusammenhang nicht mehr geläufig. Ein Bei­spiel, wie schnell solche Zusammenhänge nicht mehr erkannt werden, ist der Artikel 1 des Stadtrechts von 1287: 1488 deuten die Steyrer denselben als Be­freiung der Herrschaft vom Gericht des Hauptmannes ob der Enns (Preuen- h u e b e r Annales 144). Zur vermuteten Urbarredaktion durch den Schwaben Heinrich von Eisenburg vgl. Anm. 280. 2«) Wie Anm. 91. 242) Vgl. außer den zahlreichen Beispielen im Lehenbuch Albrechts III. (UBOE 10 [1933—39] 713 ff etwa auch UBOE 9 391, 1378 Februar 24) usw. 243) Karl L e c h n e r Territorium 412 Anm. 71 setzt die Redaktion der Habsburgischen Urbare aus inneren Gründen ins Jahr 1282.

Next

/
Oldalképek
Tartalom