Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 26. (1973)

WELTIN, Max: Kammergut und Territorium. Die Herrschaft Steyr als Beispiel landesfürstlicher Verwaltungsorganisation im 13. und 14. Jahrhundert

Kammergut und Territorium 15 In unserem Zusammenhang interessiert vor allem, wie sich die landes­fürstlichen Abkommen mit den Ministerialen für den Traungau und be­sonders für die Herrschaft Steyr ausgewirkt haben. Am 1. April 1253, also noch während des Krieges gegen Ungarn und Bayern, einigte sich Ottokar in Prag mit Passau bezüglich der Lehen des Bistums71). Dabei wurde von Passau auch ein angebliches Testament Herzog Friedrichs II. vorgelegt, in dem er sich verpflichtet hatte, dem Bistum 3000 Mark Silber zu bezahlen72). Indem der Böhme die Bezah­lung dieser Summe zusagte, anerkannte er stillschweigend einen sich aus den Formulierungen des Testamentes ergebenden Zustand, nämlich die angeblich noch von Herzog Friedrich angeordnete Herrschaft Alberos von Polheim und Meinhard Trösteis in Stadt und Herrschaft Wels und in Linz73). Es ist wahrscheinlich, daß Ottokar bereits in vorangehenden Verhandlungen den beiden Ministerialen ihre de facto eingenommene Stellung bestätigt hatte — ihre im Einverständnis mit Passau erfolgte Aufnahme in die Fälschung bot aber sowohl Passau als auch Albero und Meinhard die erstrebte rechtliche Absicherung und erhöhte zudem die Glaubwürdigkeit des Testamentes 74). Besser sind wir über Ottokars Einigung mit Dietmar von Steyr unter­richtet. Sie war noch vor Ausbruch der kriegerischen Verwicklungen mit Bayern und Ungarn am 30. August 1252 zu Linz erfolgt 75 76 *). Dietmar er­klärte sich bereit, Stadt und Herrschaft herauszugeben, der König wollte seinerseits die durch Dietmar geschehene „occupatio“ vergessen7e). Die 200 Talente, die Ottokar zusätzlich bezahlen sollte, gehen vielleicht noch auf ein Debitum des letzten Babenbergers seinem Offizial gegenüber zu­rück, die Bestimmung hinsichtlich Dietmars Burglehen wurde oben bereits erläutert. Schwerwiegender war aber, daß sich der Landesfürst offenbar gezwungen sah, Dietmar die Bildung einer Herrschaft innerhalb seines exercitu Cumanorum et Ungariorum Austriam et Moraviam intraverat, a muni­tionibus et militibus superioris Austrie prepeditur“ (zu 1253). 71) TJBOE 3 199. Dazu Julius Strnadt Die Geburt des Landes ob der Enns (Linz 1886) 39. 72) BUB 2 306 f (1246 Juni 14 Wiener Neustadt). 73) Ebenda Friedrich an Albero: ......volumus et mandamus, quod tu civi­t atem Welsam et Lintz simul cum Trostlino tue fidei habeas commendatas ...“; Wilflingseder Lonsdorf 87 bezeichnet Meinhard Tröstei als „Getreuen“ des Polheimers, verwechselt dabei aber „fides“ mit „fidelis“. 7i) Auf das Einverständnis Passaus mit den beiden Ministerialen weisen auch die Herausgeber des BUB 2 in der Vorbemerkung 306 hin. 75) UBOE 3 184 f. 76) Ebenda: „. ..nec de cetero teneat civitatem nostram Steyr et alias possessiones et alia queque, que contingunt ex debito nos et nostros in nostrum et nostrorum preiudicium occupata ... ceterum ... remittimus universas iniurias atque damna, que nobis et nostris a morte illustris ducis Austrie Friderici noscitur irrogasse ..

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