Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 26. (1973)
WELTIN, Max: Kammergut und Territorium. Die Herrschaft Steyr als Beispiel landesfürstlicher Verwaltungsorganisation im 13. und 14. Jahrhundert
16 Max Weltin größten Kammergutsbezirkes zu ermöglichen. Jetzt war genau das eingetreten, was sowohl die Traungauer als auch die Babenberger durch die oben gezeigten organisatorischen Maßnahmen verhindern hatten können. Da aber, wie erwähnt, aufgrund durchaus ungenügender quellenmäßiger Fundierung die Behauptung aufgestellt worden ist, Losenstein sei bereits im 12. Jahrhundert eine Herrschaft („typische Ministerialenherrschaft“) und vom Anfang an im Besitz der Losensteiner gewesen, werden wir die vorhandenen Quellen daraufhin zu überprüfen haben ”). In der Ottokarurkunde von 1252 heißt es: „... quod fideli nostro Dieth- maro de Steyr ... jus nostrum in Losstein duximus conferendum ...“. Diese Stelle kommentiert Feldbauer: „Der Übergang des otakarischen Landbesitzes an die Babenberger nach 1192 dürfte an der Lage der Herrschaft Losenstein und des darauf sitzenden Geschlechtes kaum etwas verändert haben. Bezeichnenderweise werden im Jahre 1252 dem Dietmar von Losenstein der Besitz der Burghut von Steyr und der namengebenden Herrschaft neuerlich bestätigt, wobei diese als Eigen bezeichnet wird“ 78). Abgesehen von einigen Großzügigkeiten — Dietmar ist in der Urkunde nach Steyr und nicht nach Losenstein genannt, Burghut und Burglehen sind nicht ohneweiteres synonym zu verwenden — ist die obengegebene Interpretation einfach falsch. Nirgends ist von einem „Eigen“ die Rede, sondern nur davon, daß der Herzog sein Recht in Losenstein auf Dietmar überträgt79). Zwischen den Verben „conferre“ = übertragen, zuwenden und „confirmare“ = bekräftigen, bestätigen79a) besteht aber ein sehr wesentlicher Unterschied. Im ersten Fall wird ein neuer Rechtszustand geschaffen, im zweiten ein bestehender prolongiert. Bieten allein schon die entscheidenden Stellen des Vertrages von 1252 den Beweis für die Unhaltbarkeit der Behauptung, Losenstein sei bereits seit dem 12. Jahrhundert eine eigene Herrschaft und im Besitz einer Seitenlinie der Gundakare von Steyr gewesen, so läßt sich dem eine weitere Quellenstelle anschließen, die Feldbauer übersehen hat oder die sich vielleicht nicht seinem Konzept einfügen ließ. In der sogenannten Nota inquisicionis, einem durch Albrecht I. veranlaßten Verzeichnis von Objekten der Herrschaft Steyr, die unter Ottokar auf unterschiedliche Weise dem Urbar entfremdet wor77) Feldbauer Herrenstand 100 ff. re) Ebenda 103. 79) Herwig Ebner Das freie Eigen (Klagenfurt 1969) 70 ff gibt eine Reihe von Begriffen, die freies Eigen bedeuten können, an. 79a) Vgl. Heumann-Seckel Handlexikon zu den Quellen des römischen Rechts (Graz 101958) 91 f. An sich ist es möglich, daß „conferre“ die Belehnung ausdrückt, die demnach schon 1252 erfolgt sein könnte (siehe auch Anm. 192); vgl. dazu die Besprechung von Michele Maccarone Papato e impero dalia elezione di Federico 1 alia morte di Adriano IV (1152—1159) in HZ 195 (1962) 381 durch Peter Classen. Für diesen Hinweis danke ich Herrn Univ.-Doz. Dr. O. Hageneder.